Ägypter in Deutschland jubeln über Sturz von Präsident Mubarak

"Jetzt beginnt ein neues Zeitalter"

Ali Alawady holt tief Luft. "Mubarak ist endlich weg", ruft der 42-Jährige und schaut dabei zu der ägyptischen Flagge auf, die er mit seiner Hand hin und her wedelt. Einen Tag nach dem Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak lässt der in Berlin lebende Ägypter bei einer Kundgebung in Neukölln seinen Gefühlen freien Lauf: "Jetzt beginnt ein neues Zeitalter."

Autor/in:
Christian Thiele
 (DR)

Der hochgewachsene Naturwissenschaftler wischt sich Tränen aus den Augen. "Vor drei Wochen hätte ich den Sturz Mubaraks nicht für möglich gehalten", sagt Alawady. Er sei stolz auf die Ägypter. Zu gern würde er sich ins Flugzeug setzen und seine Familie in die Arme schließen. "Heute Morgen habe ich mit ihnen gesprochen. Ich habe geweint."



Seine Geschwister demonstriertem auf dem Tahrir-Platz

Seine Geschwister hatten auf dem Tahrir-Platz in Kairo für den Sturz des seit 30 Jahren autokratisch regierenden Präsidenten demonstriert, sagt Alawady und schwenkt wieder seine Fahne. "Ich hatte zwei Wochen lang nichts von ihnen gehört. Das Telefon ging nicht und das Handy auch nicht." Er habe um sie gebangt. Jetzt ist er froh. Sein Bruder habe sich lediglich einen Finger gebrochen, seine Schwester sei durch einen Stein leicht verletzt worden.



Ali Alawady ist während der Proteste in Kairo und anderen Städten Ägyptens in Berlin auf die Straße gegangen. "Wir wollten die Worte unserer Landsleute in die Welt tragen." Seit 13 Jahren lebt der Molekular-Genetiker in Deutschland. "In Ägypten gab es kaum Geld für Forschung", begründet er seinen Umzug. Nach seiner Promotion will der 42-Jährige aber zurück in seine Heimat. Er strahlt. Die Freude der Ägypter in Berlin ist in diesen Tagen überall groß. Auch in anderen deutschen Städten feierten Menschen den Rücktritt Mubaraks. In München zogen rund 200 Ägypter durch die Innenstadt.





"Ich kann es noch nicht fassen"

Der Wahl-Berliner Zakaria Metwalli ist völlig aufgelöst, als er das Restaurant seines Bruders am Kurfürstendamm betritt. Die Meldung von Mubaraks Rücktritt ist wenige Stunde alt. "Ich kann es noch nicht fassen. Ich brauche Zeit, um das zu verarbeiten." Der 49-Jährige hätte längst seinen Dienst antreten müssen. Stattdessen hat er vor dem Fernseher gesessen. "Mir sind die Tränen gekommen, als ich die Bilder vom Tahrir-Platz in Kairo gesehen habe", erzählt Metwalli, während er zur Zigarette greift.



Sein Handy rattert auf dem Tisch. "Freunde aus Deutschland freuen sich für uns Ägypter", erzählt der studierte Jurist und überfliegt die SMS. Seit 23 Jahren lebt er in Berlin, ist mit einer deutschen Frau verheiratet und arbeitet in der noblen Gaststätte seines Bruders. Ein anderer Bruder lebe in Scharkya, einer kleineren Stadt im Norden Ägyptens. "Sobald es ruhiger wird, werde ich ihn besuchen."



"Was nach Mubarak kommt, steht in den Sternen"

Nach dem Sturz des Despoten könne er nun ungezwungen mit seiner Familie in Ägypten telefonieren. "Ich hatte mir manchmal Sorgen gemacht, dass ich zu kritisch über das Regime Mubaraks gesprochen habe und mein Bruder Konsequenzen befürchten musste." Zakaria Metwalli reibt sich die Augen. "Die letzten Nächte hatte ich kaum Schlaf." Er habe das Geschehen im arabischen Fernseh-Sender verfolgt, Tageszeitungen und Internetblogs gelesen.



Die Zukunft ist aus Sicht des Ägypters ungewiss. "Was nach Mubarak kommt, steht in den Sternen." Metwalli hofft aber, dass es friedlich bleibt. Es sei die Revolution der jungen Menschen, sagt er und fügt hinzu: "Die Älteren hätten sich wohl einen würdigeren Abgang für Präsident Mubarak gewünscht."