Bundesverdienstorden für Kölner "Edelweißpiraten"

Verhaftet, verhört, gefoltert

Die Edelweißpiraten waren der Gestapo ein Dorn im Auge. Während der NS-Zeit beteiligten sich Mitglieder der losen Jugendbewegung am aktiven Widerstand. Jetzt sind fünf ehemalige Mitglieder der Kölner "Edelweißpiraten" mit dem Bundesverdienstorden geehrt worden.

 (DR)

Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) überreichte  den Orden an Hans Fricke, Gertrud "Mucki" Koch, Peter Schäfer, Wolfgang Schwarz und Fritz Theilen, wie die Stadt Köln am Mittwoch mitteilte.  Damit wird ihr jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement, ihr Wissen als Opfer und Zeitzeugen der NS-Diktatur weiterzugeben gewürdigt.



Provokation durch unangepasstes Verhalten

Die Geehrten hatten sich als Jugendliche durch ihre Mitgliedschaft bei den "Edelweißpiraten" dem Drill und dem Alltag der Hitlerjugend oder des Bundes Deutscher Mädel entzogen, wie Roters auf dem Festakt schilderte. "Sie provozierten durch unangepasstes Verhalten, auffällige Kleidung und eigene Lieder, die sie bei ihren Ausflügen sangen." Damit und durch ihren Anspruch auf freie und unbeschränkte Gedanken standen die Jugendlichen im Widerspruch zu den Idealen der NS-Formationserziehung.



Insbesondere die in der Kölner Region stark vertretenen Edelweißpiraten seien der Gestapo ein Dorn im Auge gewesen, erklärte Roters. "Vor allem diejenigen unter ihnen, die aktiv politischen Widerstand leisteten, wurden verhaftet, verhört, gefoltert und auch verschleppt." In Köln kam es auch zu öffentlichen Hinrichtungen von 13 Jugendlichen der Ehrenfelder Gruppe ohne Gerichtsverfahren.



Schulkooperationen, Ausstellungsprojekte

Das nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begonnene und bis heute andauernde Engagement in Form von Schulkooperationen, Unterstützung von Forschungsarbeiten und Ausstellungsprojekten, Herausgabe von Büchern, CDs und Liedersammlungen sowie der Begründung des "Edelweißpiratenclubs" werde mit der Verleihung des Bundesverdienstordens gewürdigt, hieß es.



Als Edelweißpiraten werden informelle Gruppen Jugendlicher mit unangepasstem, teilweise oppositionellem Verhalten im nationalsozialistischen Deutschen Reich von 1939 bis 1945 und während der ersten Nachkriegsjahre bezeichnet. Nach Kriegsende dauerten in einigen Besatzungszonen die Aktivitäten der Gruppen bis etwa 1947 an.



Öffentliche Rehabilitierung begann in den 1980ern

Einige dieser Gruppen, wie die Edelweißgruppe um Gertrud Koch oder um den KZ-Flüchtling Hans Steinbrück, beteiligten sich aktiv am Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Deren Aktivitäten wurden erst nach 1980 durch Jean Jülich ins öffentliche Bewusstsein gebracht. 2005 erinnerte das Kölner NS-Dokumentationszentrum mit der Ausstellung "Von Navajos und Edelweißpiraten. Unangepasstes Jugendverhalten in Köln 1933-1945" an diesen Ausschnitt deutscher Jugend- und Widerstandsgeschichte und trug damit auch zur Rehabilitierung der Edelweißpiraten bei.