Der Mainzer Bischof Karl Kardinal Lehmann wird 75 Jahre alt

Fest im Glauben

Seit bald 28 Jahren steht Lehmann an der Spitze des Bistums Mainz, von 1987 bis Anfang 2008 war er Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Am Montag wird Lehmann 75 Jahre alt. Der Kardinal ist einer der wichtigsten Theologen der Gegenwart, und er hat nicht nur in Sachen Theologie etwas zu sagen.

Autor/in:
Peter de Groot
 (DR)

"State in fide" - Steht fest im Glauben. So lautet der bischöfliche Wahlspruch des Mainzer Kardinals Karl Lehmann. Da ist es nur folgerichtig, wenn er angesichts des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche dazu aufruft, dieser Kirche treu zu bleiben:  "Die Verletzung, die Wunde" reize ihn, sich noch mehr für die Kirche einzusetzen. Lehmann steht für ein weltoffenes, lebensbejahendes Christentum und für ökumenische Offenheit, genießt höchstes Ansehen auch in der evangelischen Kirche, in Politik, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft.



Kürzlich erst weilte Bundespräsident Christian Wulff zu einem "Vieraugengespräch" in Lehmanns Mainzer Bischofshaus. Mitte Januar hatte ihn dort Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besucht; anschließend sprach sie von Lehmann als von einem "väterlichen Freund".



Aus einfachen Verhältnissen

Lehmann, in Sigmaringen geboren, stammt aus sogenannten einfachen Verhältnissen. Von seinem Elternhaus - der Vater war Volksschullehrer - sagt er, es sei in nüchterner Weise fromm, aber nie bigott gewesen. "Je älter ich werde", so der Kardinal, "desto dankbarer bin ich meinen Eltern." Sie hätten ihm jede Freiheit gelassen und jede Unterstützung gegeben. Lehmann studierte Philosophie und Theologie in Freiburg und in Rom, wo er 1963 zum Priester geweiht wurde. Er war Assistent des renommierten katholischen Theologen Karl Rahner, war zunächst in Mainz, dann in Freiburg Theologieprofessor, bevor er Bischof von Mainz wurde.



Ein besonderer Schwerpunkt von Lehmanns Wirken war und ist die ökumenische Theologie. Der Kardinal wird nicht müde zu betonen, dass es "keine Alternative" gebe zum ökumenischen Gespräch. Zugleich stellt er nüchtern fest: "Ökumene braucht den langen Atem." Als Lehmann 1983 mit 47 Jahren an die Spitze des Bistums Mainz trat, war er der damals jüngste katholische Bischof in Deutschland. Und als er 1987 Vorsitzender der Bischofskonferenz wurde, war er der erste Bischof in diesem Amt, der nicht auch Kardinal war. Vier Mal in Folge wählten ihn die Bischöfe für jeweils sechs Jahre zum Vorsitzenden. Vor etwas mehr als drei Jahren trat er aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig als Vorsitzender zurück. Mit ihm ging der "Lotse", der "Prellbock". Sein Kommentar damals: "Das war"s. Jetzt soll es ein anderer machen."



Sensation Kardinalserhebung

Zum Kardinal erhoben hatte ihn im Februar 2001 der damalige Papst Johannes Paul II. Das wurde allgemein als Sensation empfunden. Hatte Lehmann nicht über Jahre für einen Verbleib der katholischen Beratungsstellen im gesetzlichen System der Schwangeren-Konfliktberatung gekämpft - gegen die Forderung des Papstes? Hatte er nicht - gemeinsam mit zwei Amtsbrüdern - dafür plädiert, wiederverheirateten geschiedenen Katholiken in begründeten Einzelfällen den Zutritt zur Kommunion zu ermöglichen? Und hatte Rom ihn da nicht zurückgepfiffen?



Er habe immer - "so gut es als Mensch geht" - geradlinig und sachlich seine Arbeit gemacht, habe, gelegen oder ungelegen, seine begründete Meinung gesagt, so Lehmann. Und: Er sei "kein Typ, der schnell das Handtuch wirft". Ein wesentlicher Charakterzug sei "Zuversicht, vor allem aus dem Glauben, die etwas anderes als billiger Optimismus ist".



Entsprechend dem Kirchenrecht bot Lehmann unlängst dem Papst seinen Verzicht auf das Amt des Bischofs an. Benedikt XVI. lehnte ab. "Ich werde einfach mal meinen Dienst weiter tun", sagt Lehmann, "werde sehen, wieweit es da gesundheitliche Grenzen gibt." Die wurden dem Kardinal in der jüngeren Vergangenheit gleich mehrfach aufgezeigt: im Dezember 2007 Herz-Rhythmus-Störungen, ein Schlaganfall, knapp ein Jahr später musste er sich einer Darmoperation unterziehen. Seit geraumer Zeit schon hinkt Lehmann, kann nur mit großer Mühe Treppen steigen. Die Knie machten dem Kardinal zu schaffen, ansonsten aber sei er wieder wohlauf, heißt es in seiner Umgebung.