Kirchen appellieren an Mainzer Landtag

101 Freunde sollt ihr sein

Neue Regierung, alter Chef: In Rheinland-Pfalz ist der Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung gekommen und hat Kurt Beck zum fünften Mal zum Ministerpräsidenten gewählt. Vorher trafen sich die Abgeordneten zu einem ökumenischen Gottesdienst. Hier ermahnte sie der Mainzer Kardinal Lehmann, in ihren politischen Gegnern keine Feinde zu sehen.

 (DR)

Vielmehr sollten die Abgeordneten immer daran denken, "dass die endgültige Wahrheit nie nur auf einer Seite liegt", sagte der am Montag 75 Jahre alt gewordene ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Mittwoch (18.05.2011) in der katholischen Mainzer Barockkirche St. Peter.



An dem Gottesdienst nahmen neben Lehmann und dem Ratsvorsitzendem der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, etwa 200 Menschen teil. Dazu zählten Abgeordnete, Landtagsmitarbeiter und neben den Mitgliedern der künftigen rot-grünen Landesregierung auch Minister, die aus dem Kabinett ausscheiden.



Der EKD-Ratsvorsitzende bezeichnete die Existenz eines demokratischen Staatswesens als Wohltat. Politiker müssten die Mittel staatlicher Gewalt maßvoll anwenden, forderte er. "Sie werden erfahren, wie viel Freude Politik machen kann, aber auch die Schwierigkeiten des politischen Geschäfts erfahren", sagte Schneider, der auch Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland ist, zu den Abgeordneten. Es habe nichts mit klerikaler Bevormundung zu tun, dass Kirchen sich bei gesellschaftlich wichtigen Themen regelmäßig zu Wort meldeten. "Die Kirche erinnert an Gottes Recht und Gerechtigkeit", sagte der rheinische Präses. "Deshalb liegen wir Ihnen in den Ohren."



Wiederwahl von Beck

Im Anschluss an den Gottesdienst kam der Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Dabei wählten die 101 Abgeordneten Joachim Mertes (SPD) einstimmig als Landtagspräsident wieder. Danach übernahm Mertes die Sitzungsleitung von seinem SPD-Fraktionskollegen Carsten Pörksen, der die Sitzung als Alterspräsident eröffnet hatte.



Wichtigster Tagesordnungspunkt der Sitzung war die Wiederwahl von Kurt Beck zum Ministerpräsidenten; SPD und Grüne haben gemeinsam 60 Sitze im Parlament. 41 Abgeordnete stimmten gegen Beck. Beck wird nach der SPD-Alleinregierung der vergangenen fünf Jahre und der vorangegangenen sozialliberalen Koalition erstmals in der Geschichte des Landes eine rot-grüne Regierung anführen. Er gehe das Amt mit Demut an, sagte Beck vor Beginn der Sitzung. Es sei nun bereits seine fünfte Wiederwahl und er sei "mit jedem Mal nachdenklicher geworden", sagte der 62-Jährige beim Verlassen der Kirche St. Peter.



Bei der Landtagswahl am 27. März waren die Grünen mit 15,4 Prozent der Stimmen nach fünf Jahren wieder in den Landtag eingezogen. Die bis dato allein regierende SPD ist mit knapp zehn Prozent Verlusten auf einen Koalitionspartner angewiesen. Die FDP scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde, daher ist die CDU die einzige Oppositionspartei im Parlament.