Kardinal Scola wechselt nach Mailand

Zweitwichtigstes Bistum Italiens neu besetzt

Während die Ernennung eines neuen Berliner Erzbischofs nach wie vor auf sich warten lässt, hat der Papst in einem ebenso spannenden Fall in Italien jetzt eine Entscheidung getroffen: Zum Erzbischof der norditalienischen Metropole Mailand bestimmte er am Dienstag den bisherigen Patriarchen von Venedig, Kardinal Angelo Scola.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Der 69-jährige löst Kardinal Dionigi Tettamanzi (77) ab, der die Altersgrenze für Bischöfe bereits vor zwei Jahren überschritten hat. Damit erhält Mailand, das sich gerne (wenn auch zu Unrecht) als größtes Bistum der Welt bezeichnet, als Oberhirten wieder einen international renommierten Theologen - der zudem aus der Diözese selbst stammt. Am 7. November 1941 in Malgrate am Comer See geboren, war Scola zunächst Dozent für Theologie im schweizerischen Fribourg, ging 1982 an die Lateran-Universität in Rom. 1991 wurde er Bischof im mittelitalienischen Grosseto, bevor er 1995 als Rektor an die Lateran-Universität zurückkehrte. 2002 schließlich machte der Papst ihn zum Erzbischof von Venedig - neben Lissabon der einzige Ort der Westkirche, in dem der Bischof den Patriarchentitel führt. Jetzt kehrt Scola in seine Heimat Mailand zurück.



Bereits seit Monaten beschäftigte die Besetzung des Erzbistums Mailand die italienische Öffentlichkeit. Nach Rom gilt die lombardische Metropole als wichtigster Diözesansitz Italiens, auf deren Bischofsstuhl bereits die Heiligen Ambrosius und Karl Borromäus saßen. Und so tauchte auf den angeblichen und ständig neuen Namenslisten möglicher Kandidaten nach und nach die gesamte Creme de la Creme der italienischen Kirchenhierarchie auf.



Von Anfang an Favorit

Als ein Favorit galt von Anfang an Venedigs Patriarch Scola. Aber auch der frühere Präfekt der Mailänder Bibliothek Ambrosiana, der vatikanische Kulturminister Kardinal Gianfranco Ravasi, wurde eine Zeit lang genannt. Weiter waren im Gespräch der Erzbischof von Chieti, Bruno Forte, sowie Gianni Ambrosio von Piazenca.



Schließlich entschied sich der Papst für Scola. Dieser hat seine geistige Heimat in der kirchlichen Bewegung "Comunione e Liberazione" (CL), der er bis zu seiner Bischofsernennung angehörte, zeitweise auf der Leitungsebene. Aufgrund der Erfahrungen aus jenen Jahren kann der Geistliche, der schon als Student in Mailand in den heißen 60er Jahren von sich reden machte, Intellektuelle ebenso begeistern wie Jugendliche. Mit Johannes Paul II., der ihn zum Rektor der Gregoriana-Universität wie zum Patriarchen von Venedig machte, verband ihn die Spezialisierung auf christliche Anthropologie. Zudem gehörte er zu den Mitbegründern der internationalen theologischen Zeitschrift "Communio", die für eine kirchliche Erneuerung in Kontinuität steht.



Spitzenposition in Italiens Episkopat

Als Patriarch von Venedig hatte Scola im wirtschaftlich erfolgreichen Nordosten Italiens mitunter warnend seine Stimme gegen die allzu rücksichtlose Ausbeutung des Menschen erhoben. Zugleich hatte er sich deutlich für den Schutz und die Förderung der Familie positioniert. In Mailand werden die Aufgaben und Herausforderungen ähnlich sein. Nur dass die Aufmerksamkeit für Italiens wichtigste Industriemetropole größer ist als für die Kunst- und Kulturstadt Venedig.



Neben dem Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz Kardinal Angelo Bagnasco bekleidet nun Scola eine Spitzenposition in Italiens Episkopat. Er verlässt eine Stadt, aus der im vergangenen Jahrhundert drei Päpste hervorgingen: Pius X. (1903-14), Johannes XXIII. (1958-63) und Johannes Paul I. (1978). Allerdings waren Pius XI. (1922-39) wie auch Paul VI. (1963-78) vor ihrer Papstwahl Erzbischöfe von Mailand. Zu Scolas ersten großen Aufgaben gehört die Vorbereitung des Papstbesuchs Anfang Juni 2012 in seiner Stadt anlässlich des Weltfamilientags. Dessen Motto: "Die Familie, die Arbeit und das Feiern".