SPD warnt nach Waffen-Deal mit Saudi-Arabien vor Rüstungswettlauf

"Das falsche Signal"

Die Kritik an dem – von der Bundesregierung nicht bestätigten – Panzer-Deal mit Saudi-Arabien hält an: Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion hält die Lieferung für illegal. Rolf Mützenich warnt im domradio.de-Interview vor einer Rüstungsspirale.

 (DR)

domradio.de: Ist es falsch, Panzer an Saudi-Arabien zu liefern?

Mützenich: Auf jeden Fall ist es falsch. Es ist genau das falsche Signal, auch zu diesem Zeitpunkt. Aber es trifft auch nicht das, womit Guido Westerwelle und die gesamte Bundesregierung angetreten sind: eine wertegebundene Außenpolitik zu unternehmen. Ich erkenne überhaupt keine Wertegebundenheit in einer Lieferung, die möglicherweise jetzt von Seiten Deutschlands erlaubt worden ist.



domradio.de: Warum sollte sich Deutschland diesen Milliarden-Rüstungsdeal entgehen lassen?

Mützenich: Weil ich glaube, dass dieser Rüstungsdeal überhaupt nicht zur Stabilität in der Region beiträgt. Wir sind auf Stabilität im Nahen und Mittleren Osten angewiesen, es ist das falsche Signal. Saudi-Arabien ist zum Beispiel das Land gewesen, das Soldaten und Polizisten nach Bahrein geschickt hat - wo auch Panzer gegen die Demonstranten gerollt sind. Auch das wäre ein falsches Zeichen. Insgesamt braucht diese Region nicht mehr Rüstung, sondern Rüstungskontrolle. Und das hatte sich ja auch der Bundesaußenminister auf die Fahnen geschrieben bei seinem Amtsantritt: Er wollte in der Außenpolitik Abrüstung wieder zu einem Thema machen.



domradio.de: Bedeuten mehr Waffen eine höhere Kriegsgefahr?

Mützenich: Das glaube ich schon. Das haben wir ja insbesondere im Ost-West-Konflikt ja erlebt, als es zu einer Überrüstung gekommen ist und die Staaten nach dramatischen Situationen endlich überlegt hatten: Wie kann man einen ungebremsten Rüstungswettlauf kontrollieren. Je mehr Waffen auf dem Markt vorhanden sind, desto leichtfertiger können sie eingesetzt werden. Mehr Waffen bedeuten auch mehr Konflikte - Konflikte, die irgendwann auch militärisch ausgetragen werden. Gerade die Lieferungen in eine solche Region, wo wir auch mit einem Herrscherhaus konfrontiert sind, das an sein biologisches Ende und es somit vielleicht zu einem Regimewechsel kommt. Und wir uns vorstellen müssten, Salafisten erlangen einen größeren Einfluss in Saudi-Arabien und gehen mit Hilfe von 200 Panzern in Saudi-Arabien vor. Diese Bedenken hat die Bundesregierung leichtfertig zur Seite geschoben.



domradio.de: Wozu braucht Saudi-Arabien diese Panzer, zur Abschreckung gegen den Iran vielleicht oder doch zur Niederschlagung von möglichen Protesten im eigenen Land?

Mützenich: Die Frage stellt sich ja nicht nur in Hinblick auf die Panzer, sondern auch auf das, was Saudi-Arabien in den letzten Jahren angehäuft hat. Da ist schon ein Übermaß an Waffen vorhanden - mehr Waffen brauch es nicht zur Abschreckung gegen den Iran. Man muss sich einfach vorstellen: Hier haben wir in einer Region einen beginnenden Rüstungswettlauf, durch den dann wahrscheinlich auch Europa in den kommenden Jahren Nachteile bekommen wird. Wir müssen jetzt eine vorausschauende Politik machen, deshalb darf dieser Waffendeal nicht genehmigt werden.



Das Gespräch führte Christian Schlegel.