Evangelischer Theologe empfiehlt Papst als Ehrenoberhaupt der Protestanten und Orthodoxen

"Sprecher aller Christen"

Wenige Wochen vor dem Deutschlandbesuch von Benedikt XVI. hat der evangelische Theologe Frieling gefordert, den Papst zum Ehrenoberhaupt aller Christen zu ernennen. "Der Traum von der Gemeinschaft aller Christen kann Wirklichkeit werden, wenn Protestanten und Orthodoxe dem Papst die Rolle eines Ehrenoberhaupts der Christenheit antragen."

 (DR)

"Der Papst kann und sollte bei dieser Vision eine charismatische Führungsrolle einnehmen", forderte der frühere Religionsprofessor in einem Beitrag für die in Bonn erscheinende ZEIT-Beilage "Christ & Welt".



Vision zum 500. Jubiläum der Reformation

In außergewöhnlichen Situationen könne der Papst dann "im Namen der ganzen Christenheit" sprechen. Dies sei mitnichten eine Zumutung für protestantische Christen. "Das Christentum verträte seine Botschaft glaubwürdiger als eine in Tausende Kirchen gespaltene Religion", so Reinhard Frieling. Das 500. Jubiläum der Reformation im Jahre 2017 sei der richtige Anlass, um diese Vision zu verwirklichen.



Laut Frieling ist Papst Benedikt XVI. wegen seines ökumenischen Engagements schon jetzt ein "Sprecher aller Christen". Für die Umsetzung dieses Vorschlages forderte er von der katholischen Kirche Kompromisse: "Zugunsten einer neuen Führungsrolle müsste der Papst häufig auf eine hierarchische Durchsetzung seines gesetzgeberischen Anspruchs verzichten". Zudem müssten die reformatorischen Kirchen ihre "Selbstgenügsamkeit" aufgeben und "mutig ökumenische Konsequenzen" ziehen.



Ähnlicher Vorschlag von Landesbischof Friedrich

Einen ähnlichen Vorschlag, der auf eine Kritik in Kirchen und Öffentlichkeit stieß, hatte bereits vor zehn Jahren der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich gemacht. Als Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands hatte Friedrich damals gesagt, er könne sich grundsätzlich einen ökumenisch akzeptierten "Sprecher" der Weltchristenheit im Dienste der Einheit zwischen den Kirchen vorstellen.



Der Papst besucht vom 22. bis 25. September Deutschland. Stationen seiner Reise sind unter anderem Berlin und Freiburg. Neben päpstlichen Messen sind eine Rede vor dem Deutschen Bundestag sowie eine Begegnung mit Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Erfurter Augustinerkloster geplant.



Reinhard Frieling war langjähriger Leiter des Konfessionskundlichen Instituts der evangelischen Kirche, ist emeritierter Professor für ökumenische Theologie in Marburg und Moderator der "Charta Oecumenica".