Vor 50 Jahren starb UNO-Generalsekretär Dag Hammarskjöld

Top-Diplomat und Friedensstifter

Verantwortung für andere und die ungerechten Zustände in der Welt zum Guten zu wenden: nichts Geringeres wollte der erste UNO-Generalsekretär Dag Hammarskjöld. Durch seinen Einsatz gab er der Weltorganisation seine Prägung. Seine Bedingungslosigkeit kostete ihn letztlich das Leben.

Autor/in:
Angelika Prauß
 (DR)

Hammarskjöld starb am 18. September 1961 auf dem Weg zu einer Friedensmission im Kongo bei einem Flugzeugabsturz. Der UNO-Generalsekretär galt als ein kühler, verhandlungsstarker Politiker und Friedensstifter im Auftrag der Vereinten Nationen - bis man nach seinem Tod eine Art geistliches Tagebuch fand. Darin offenbarte er eine ganz andere Dimension seiner Persönlichkeit: eine tief religiöse Haltung, die mehr einem christlichen Mystiker als einem Top-Diplomaten entspricht. "Das einzig richtige Profil, das man von mir zeichnen könnte, ergeben diese Notizen", schreibt er darin.



Als jüngster von vier Söhnen des schwedischen Ministerpräsidenten Hjalmar Hammarskjöld wird er am 29. Juli 1905 in eine religiöse Familie hineingeboren, die bereits viele herausragende Staatsbeamte, Bischöfe und Künstler hervorgebracht hat. Auch Dag setzt die Familientradition fort, schließt sein Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften mit hervorragendem Examen ab und wird Staatssekretär im Finanzministerium. Nach 1945 übernimmt er zunehmend diplomatische Aufgaben und wird 1951 Vize-Außenminister. Schon damals ist er ein Verfechter der schwedischen Neutralitätspolitik.



Zwei Jahre später wird der nur Insidern bekannte Schwede zum UNO-Generalsekretär gewählt. Bald verleiht er der schwerfälligen Weltorganisation durch seine neutrale Linie mehr Autorität. Der Neue engagiert sich für die Menschen in der Dritten Welt und für den Erhalt des Friedens; die Friedenstruppen und Blauhelmsoldaten gehen auch auf ihn zurück. Statt zu warten, bis ein Konflikt eskaliert, setzt er auf vorausschauende Diplomatie und unblutige Lösungen. Verschiedene Krisenherde der Welt fordern den Einsatz des pflichttreuen und aufopferungsvollen Beamten: der Suez-Krieg 1956 sowie die Konflikte im Libanon 1958 und in Laos 1959.



Mit Gott verbunden

In seinen knapp acht Amtsjahren macht er sich durch seine undogmatische Politik nicht nur Freunde. In der Kongo-Krise schickt Hammarskjöld UN-Truppen ins Land und versucht auch persönlich, zwischen den kämpfenden Parteien zu vermitteln. Im September 1961 reist der Diplomat zu erneuten Friedensgesprächen nach Nordrhodesien. Bei einem Nachtflug stürzt sein Flugzeug ab. Die Umstände werden nie genau geklärt; ein Mordkomplott westlicher Geheimdienste wird angenommen. Wenige Monate später erhält Hammarskjöld posthum den Friedensnobelpreis.



Beim Sortieren des Nachlasses findet ein Freund sein Manuskript mit den tagebuchartigen Aufzeichnungen, das 1963 unter dem Titel "Zeichen am Weg" veröffentlicht wird. Nun wird deutlich, wie sehr sich Hammarskjöld mit Gott verbunden wusste. "In seiner Hand hat jede Stunde einen Sinn", meditiert er seine persönliche Gotteserfahrung. In mystischer Selbstversenkung glaubt er zu erkennen, was Gott mit ihm vorhat: "Mein Geschick ist es, gebraucht und verbraucht zu werden nach deinem Willen." Auch die UN ist für ihn in erster Linie Dienerin der Menschheit; sie dürfe sich nicht von Einzelinteressen beeinflussen lassen.



Diesen Gedanken hatte Hammarskjöld in den Schriften der mittelalterlichen Mystiker gefunden - bei Meister Eckart, Johannes vom Kreuz, Thomas von Kempen und Blaise Pascal. Weitere Inspiration gaben ihm der Religionsphilosoph Martin Buber und Albert Schweitzer, mit denen er befreundet war. Gleichwohl wird deutlich, dass sich Hammarskjöld seit seiner Kindheit einsam fühlte, was ihn offensichtlich sensibel für Gott machte und zu einer tiefen Spiritualität führte. Gerade zwischen den Fronten politischer Ideologien sah er sich in bewusster Christus-Nachfolge. Zurecht zählt man den Weltpolitiker Dag Hammarskjöld zu den bedeutendsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.