missio-Referent zur Lage der Christen in Pakistan

"Die Stimmung ist pessimistisch"

Eine Delegation des Internationalen Katholischen Missionswerks missio Aachen hat sich ein Bild von der Lage der Christen in Pakistan gemacht. missio-Länderreferent Matthias Vogt berichtetvon Taliban-Gewalt und rechtlichen Schikanen.

Bewachter Gottesdienst in Peschawar (dpa)
Bewachter Gottesdienst in Peschawar / ( dpa )

KNA: Herr Vogt, welche Aufgaben hat missio in Pakistan?

Vogt: Schwerpunktmäßig unterstützen wir die Glaubensbildung und die Ausbildung von kirchlichem Personal sowie den Aufbau kirchlicher Infrastruktur. Das ist sehr wichtig in einem Land, wo Christen in der Minderheit sind. Die Glaubensweitergabe und das Glaubensleben der Menschen zu stärken. Zudem unterstützt missio eine Reihe von Projekten zum interreligiösen Dialog, wo es auch darum geht, auf die Rechte von Christen aufmerksam zu machen und vor allem gegen das Blasphemiegesetz einzutreten, die gegenüber Angehörigen religiöser Minderheiten immer wieder missbraucht werden.

KNA: Wie gestaltet sich interreligiöser Dialog in einem Land, in dem Christen eine so kleine Minderheit sind und in dem religiöser Extremismus überhandnimmt?

Vogt: Es gibt den akademischen, theologischen Dialog zwischen Vertreter von Kirchen und Islam. Er hat das Ziel, der Öffentlichkeit klar zu machen, dass friedliches Zusammenleben für die pakistanische Gesellschaft von größter Bedeutung ist. Gleichzeitig wird der Islam leider immer extremistischer. Es wird immer schwieriger für Christen, einen täglichen Dialog des Lebens mit der Mehrheitsgesellschaft zu führen. Sie ziehen sich in Ghettos zurück, weil es immer wieder Anschuldigungen von Muslimen gibt, gegen das Blasphemiegesetz verstoßen zu haben. Je mehr Kontakt man im täglichen Leben mit Muslimen hat, desto größer ist die Gefahr, in Konflikt zu geraten. Es ist eine große Herausforderung für die Kirche, das Zusammenleben aufrechtzuerhalten und sich gegen die fortschreitende Isolierung der Christen zur Wehr zu setzen.

KNA: Sind Christen und Kirche da machtlos?

Vogt: Nicht ganz. Die Bischöfe und andere Kirchenvertreter können schon über Regierungsvertretungen in Pakistan zumindest versuchen, ihre Rechte durchzusetzen. Allerdings sagen sie selbst, dass es ohne internationale Aufmerksamkeit nicht geht. Oft kommen vonseiten der Politiker in Pakistan nur schöne Worte - aber wenn es konkret an Aktionen zum Schutz von Christen geht, passiert wenig.

KNA: In Pakistan bestand die Hoffnung, dass die Parlamentswahlen im Mai 2013 mehr Demokratie brächten. Ist das so?

Vogt: Die Stimmung ist eher pessimistisch. Es mag zwar vor den Wahlen Hoffnungen gegeben haben. Aber der Trend zur Radikalisierung des Islam in ärmeren, weniger gebildeten Bevölkerungsschichten konnte bislang nicht umgekehrt werden. Auch gemäßigte Muslime in Pakistan zweifeln langsam daran, dass sich an dieser Tendenz, die sich seit 20 Jahren stets verstärkt, etwas ändert.

KNA: Wie ist dieser Trend zu erklären?

Vogt: Von Afghanistan her finden immer mehr Taliban ein Betätigungsfeld in Pakistan in Pakistan und tragen die Gewalt ins Land. Solange es in Afghanistan kein Ende der Gewalt gibt, wird sich auch Pakistan nicht beruhigen lassen. Zudem gibt es die weitergehende Finanzierung fundamentalistischer islamischer Strömungen aus Saudi-Arabien mit sehr großen Finanzmitteln, die eben nicht dazu beiträgt, dass der Islam in Pakistan gemäßigter wird.

KNA: In dieser Gemengelage sieht sich die pakistanische Kirche nach wie vor als eine prophetische Kirche. Was lässt sich für ihre Zukunft vorhersagen?

Vogt: Die pakistanische Kirche ist prophetisch, weil sie die Stimme erhebt für jene, die nicht gehört werden und die keine Rechte haben. Wie es langfristig für Christen in Pakistan weitergeht, ist schwer zu sagen. Viele Christen im Land sagen aber: "Wir sind Pakistaner, wir sind nicht Fremde, die hier hergekommen sind, sondern wir sind hier geboren; wir sind Teil dieses Landes, und das werden wir uns auch nicht nehmen lassen. Wir werden weiterhin all unsere Rechte als pakistanische Staatsbürger einfordern." Es besteht die Hoffnung, dass das mit Hilfe internationaler Unterstützung mittelfristig gelingen wird.

Das Interview führte Claudia Zeisel.