Internationale Konferenz berät über Reformen - Kirche als Vorbild

Wie wirksam ist Entwicklungshilfe?

In Ghanas Hauptstadt Accra hat eine internationale OECD-Konferenz über die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe begonnen. Ein Schwerpunkt des Treffens ist die Stärkung der Eigenverantwortung der Empfängerländer bei der Entwicklungszusammenarbeit. Minister aus rund 100 Ländern wollen über Reformen beraten, um die Bekämpfung von Armut, Hunger und Krankheiten voranzubringen. Die Vizepräsidentin der Weltbank, Obiageli Ezekwesili, hat die Regierungen in Afrika aufgefordert, Entwicklungshilfe effektiver zu nutzen. "Es geht nicht um immer mehr Geld, sondern darum, möglichst viel Veränderung zu erzielen".

 (DR)

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) forderte in Ghana mehr Transparenz und eine bessere Kooperation der Geberländer. «Wenn die Qualität der Zusammenarbeit steigt, können wir mehr Menschen besser helfen», sagte sie. Wieczorek-Zeul trat auch dafür ein, die Rechte von Parlamenten und Rechnungshöfen in Entwicklungsländern zu stärken und die Korruption konsequent zu bekämpfen.

«Natürlich sind schwache Institutionen in den Empfängerländern, mangelnde technische Kompetenz und Korruption auf allen Ebenen der Regierungen entwicklungshemmend», sagte Claudia Warning, Vorsitzende des Verband Entwicklungspolitik (VENRO), der rund 100 private und kirchliche Organisationen in Deutschland repräsentiert. Trotzdem sei es Aufgabe der Geberländer, ihre Entwicklungshilfe von insgesamt rund 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr effizienter zu gestalten, auch um gegen solche Missstände anzugehen.

Bereits im Vorfeld der Konferenz wurden von unterschiedlichen Seiten Diskussionsbeiträge für Ghana geliefert. In Deutschland machte besonders der «Bonner Aufruf» für eine andere Entwicklungspolitik von sich reden. Deutsche Experten, wie Rupert Neudeck, Gründer der Hilfsorganisation «Cap Anamur», haben darin einen radikalen Systemwechsel in der Entwicklungshilfe gefordert.

"Bundesministerium auflösen"
Es sei deutlich geworden, dass die Entwicklungshilfe in ihrer bisherigen Form versagt habe, heißt es in dem von 46 Politikern, Diplomaten, Entwicklungshilfe-Experten und Journalisten unterstützten Aufruf. Neudeck forderte, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit aufzulösen. Stattdessen sollten die Entscheidungsbefugnis über die bilaterale Zusammenarbeit den deutschen Botschaften vor Ort übertragen werden.

FDP fordert Einschreiten der Kanzlerin
Die FDP-Bundestagsfraktion hat sich den Forderungen der Bonner ERklärung angeschlossen. Es sei eine «Katastrophe», dass das Entwicklungsministerium (BMZ) keine flächendeckende Kontrolle seiner Hilfsgelder gewährleisten könne und nicht den örtlichen deutschen Botschaften diese Kompetenz übertrage, kritisierte der entwicklungspolitische Sprecher der Liberalen, Hellmut Königshaus. Effizientere Entwicklungspolitik brauche eine stärkere Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt. Die Bundeskanzlerin sei in ihrer Richtlinienkompetenz gefragt, um den «Starrsinn» im BMZ zu überwinden.

Königshaus warf Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) vor, sie habe den «massiven Etatanstieg» ihres Hauses um 637 Millionen Euro für 2009 nicht wirksam genutzt. Sie setze auf falsche Förderinstrumente wie die Budgethilfe. Die direkte Zuweisung von Geldern an Staatshaushalte sei eine nicht hinnehmbare Verschwendung von Steuergeldern, wenn die Führung in den dortigen Ländern nachweislich und unverhältnismäßig korrupt sei, wie etwa in Mosambik.

"Antiquiertes Verständnis"?
Bei anderen Politikern ist der Vorschlag aus Bonn allerdings auf Kritik gestoßen. Der Aufruf offenbare ein «antiquiertes Verständnis von Entwicklungspolitik», erklärten die Grünen-Politiker Ute Koczy und Thilo Hoppe am Montag in Berlin.

Die Vorstellung der Autoren, möglichst nicht mit staatlichen Stellen zusammen zu arbeiten, halte der Wirklichkeit nicht Stand, erklärten die entwicklungspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion und der Vorsitzende des Entwicklungshilfeausschusses im Bundestag.

So würden die Herausforderungen des Klimawandels sowie des Umwelt- und Ressourcenschutzes für Entwicklungsländer gar nicht erst benannt. Wer vom Scheitern der Entwicklungspolitik spreche, müsse klar benennen, wofür diese verantwortlich ist und wofür nicht, forderten Koczy und Hoppe. Um Probleme zu lösen, müsse man mit Regierungen und Zivilgesellschaften zusammenarbeiten, mit dem Ziel demokratische Strukturen und Prozesse zu stärken.

Herausforderung Simbabwe
Wie schwierig es sein kann unabhängig zu arbeiten, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Simbabwe. Simbabwes Regierung unterwirft die im Land tätigen Hilfswerke strengen Kontrollen. Jede Verteilung von Hilfsgütern müsse mit den lokalen Behörden abgesprochen werden, sagte ein Sprecher der Hilfswerke nach Berichten des britischen Senders BBC vom Dienstag.

Erst vergangene Woche hatte die Regierung das Arbeitsverbot für ausländische Hilfsorganisationen aufgehoben. Helfer, die sich gegen die Kontrollen wehrten, werde mit dem Entzug der Arbeitsbewilligung gedroht.

Die Behörden bestehen nach Angaben des Sprechers zudem darauf, ein Inventar mit allen Gütern und Arbeitsmitteln jedes Hilfswerks zu erhalten. Mit diesen rigiden Maßnahmen seien die Hoffnungen der Hilfswerke auf die Möglichkeit, frei und unabhängig arbeiten zu können, zunichte gemacht worden.

Die Regierung hatte das Verbot nach der ersten Wahlrunde Ende März damit begründet, die Hilfswerke unterstützten die Opposition. In Simbabwe ist etwa ein Drittel der Bevölkerung auf Lebensmittelhilfen angewiesen. Durch die schlechte jüngste Ernte könnte die Zahl der Bedürftigen auf fünf Millionen Menschen steigen.