Benedikt XVI. reist nach Afrika - und in die Zukunft der Kirche

Der Papst auf dem Kontinent der Hoffnung

Benedikt XVI. ist am Dienstagnachmittag zu seinem ersten Besuch in Afrika gelandet. Kurz vor 16.00 Uhr setzte die Sondermaschine der Alitalia auf dem Flughafen von Kameruns Hauptstadt Yaounde auf. Nach den krisengeschüttelten Wochen im Vatikan darf sich der Papst auf besseres Klima bei seiner einwöchigen Pastoralreise freuen. Denn für ihn ist Afrika trotz aller himmelschreienden Probleme ein Kontinent der "enormen Möglichkeiten und Hoffnungen".

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Was das Oberhaupt zuerst fasziniert, lehrt ein Blick in die Statistik: Nirgends wächst seine Kirche so stark wie dort. Bis 2050 werden drei der zehn katholikenstärksten Länder weltweit auf dem Schwarzen Kontinent sein.

Ausdrücklich sprach Benedikt XVI. vor der Abreise von einer "missionarischen Reise". Er habe nichts anderes anzubieten als Christus; durch die Kraft des Evangeliums solle Afrika zu Frieden und Versöhnung finden. Afrika ist auch geprägt von Armut, Aids, Korruption und horrenden Konflikten. Doch Benedikt XVI. will erklärtermaßen nicht als politischer Heilsbringer auftreten. Für ihn soll es allein die Botschaft der Kirche sein, die die Herzen verwandelt und die Gesellschaft erneuert.

"Die Kirche in Afrika im Dienst der Versöhnung"
Anlass des ersten Afrika-Besuchs des Papstes mit dem Mohr im Wappen ist denn auch ein innerkirchlicher: In Yaounde, Kameruns Hauptstadt, will Benedikt XVI. das Arbeitspapier für die große Kontinentalsynode der afrikanischen Bischöfe vorstellen, die vom 4. bis 25. Oktober im Vatikan tagt. Ihr Motto: "Die Kirche in Afrika im Dienst der Versöhnung, der Gerechtigkeit und des Friedens". Ein Thema, das der Theologen-Papst offenbar von der pastoralen Seite her eingestielt sehen will. Jedenfalls fällt auf, dass der päpstliche Menschenrechts-Rat nicht im Tross vertreten ist.

Farbenprächtiger Höhepunkt der zweiten Station in Angolas Kapitale Luanda wird eine riesige Messe mit Hunderttausenden unter freiem Himmel: Afrikas Kirche feiert sich selbst und seine 500-jährige Geschichte, mit traditionellen Gesängen und Gewändern. Inkulturation war bislang eine kontroverse Sache für Benedikt XVI. - aber die Katholiken in Afrika haben Grund zu Selbstbewusstsein: Ihre Gemeinden wachsen doppelt so schnell wie im globalen Mittel, auch wenn ihnen neben dem überkommenen Geisterglauben und alten Praktiken wie der Vielehe neuerdings immer mehr auch die Konkurrenz evangelikaler Sekten und der Fetisch Konsum zu schaffen machen.

Hauptlast der Glaubensverkündigung an der Basis
Dennoch: der Priesternachwuchs ist - bezogen auf die Zahl amtierender Priester - 10 bis 25 mal so hoch wie in Mitteleuropa. Allein im nigerianischen Bigard Memorial Seminary bereiten sich 1.100 junge Männer auf den Priesterdienst vor: so viel wie in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen. Dabei liegt die Hauptlast der Glaubensverkündigung auf den sogenannten Katechisten, besonders geschulten Laien an der Basis. Sie tragen erheblichen Anteil daran, dass die Zahl der afrikanischen Katholiken von 1,9 Millionen im Jahr 1900 auf inzwischen gut 160 Millionen anstieg.

Mit Spannung steht zu erwarten, wie sich Benedikt XVI. zur starken Rolle der Laienkatholiken stellt. Immerhin sieht das nicht übermäßig dichte Programm auch ein Treffen mit kirchlichen Frauen-Initiativen vor. Ein anderes Thema, dem der Papst nicht ausweichen können wird, ist die Geißel Aids und die Frage der Aids-Prävention - bei der der Vatikan einen ebenso strikten Kurs fährt, wie sich katholische Hilfsorganisationen um pragmatische Lösungen bemühen.

Auch die Kolonialgeschichte des Kontinents steht im Hintergrund, wenn der Papst aus Deutschland nach Westafrika reist. Die europäische Erschließung des heutigen Kamerun ging maßgeblich von deutschen Händlern aus; Pallottiner-Patres aus dem Erzbistum München, dem Heimatbistum Joseph Ratzingers, bereiteten dem neuen Glauben den Weg. Völlig offen ist, ob und wie sich Benedikt XVI. dazu positioniert. Drängendere historische Themen wären noch die schauderhafte Vergangenheit Angolas als einstiges "Exportland" für Sklaven - und der drei Jahrzehnte währende Bürgerkrieg dort. Seit 2002 hat sich das südafrikanische Land davon noch immer nicht erholt - nicht zuletzt wegen der Millionen Landminen, die dem Neuaufbau im Weg liegen.

Elfte Auslandsreise des Papstes
Bei der siebentägigen Reise stehen in Kamerun und Angola Treffen mit den Spitzen von Politik und Kirche sowie mehrere Gottesdienste auf dem Programm. In Kameruns Hauptstadt Yaounde trifft der Papst darüber hinaus mit Repräsentanten anderer Konfessionen und des Islam zusammen. In Luanda nimmt er an einem Treffen katholischer Bewegungen zur Förderung der Frau teil.

Es ist die elfte Auslandsreise des Papstes. Sein Vorgänger Johannes Paul II. (1978-2005) war 1985 und 1995 in Kamerun sowie 1992 in Angola. Insgesamt besuchte er Afrika 16 Mal. Als erster Papst bereiste Paul VI. 1969 den Kontinent zu einem Besuch in Uganda. Die erste Afrika-Synode fand im Frühjahr 1994 statt.