Der Widerstand gegen Belo Monte ist mittlerweile zum Sinnbild für die Verteidigung der Rechte der indigenen Bevölkerung Brasiliens geworden, und kaum ein anderer repräsentiert diesen Kampf so wie der aus Österreich stammende Bischof.
Bischof Kräutler erhalte den Preis für "sein unermüdliches Engagement, den Urwald des Amazonas vor der Zerstörung zu bewahren", so die im September verkündete Begründung der "Right Livelihood Award Foundation". Seit Jahrzehnten steht Kräutler im Brennpunkt der Landkonflikte in der Amazonasregion, denunziert Gewalt gegen die Ärmsten und Schwächsten, verteidigt deren in der Verfassung garantierten Rechte, und wurde dabei selbst zur Zielscheibe von Gewaltandrohungen, bis hin zu Morddrohungen. Wie seine enge Vertraute, die US-amerikanische Nonne Dorothy Stang, die 2005 von Großgrundbesitzern ermordet wurde, ist Kräutler ins Visier der Mächtigen geraten. Seit Jahren steht er deshalb unter Polizeischutz.
Doch jetzt droht Präsident Lula da Silvas Megastaudammprojekt Kräutlers Prälatur buchstäblich unter Wasser zu setzen. Gut ein Drittel der Stadt Altamira, Bischofssitz der Diözese Xingu, werde der Belo Monte Staudamm überfluten, so Umweltschützer. Und noch weitere 500 Quadratkilometer Urwald, darunter staatlich garantiertes Indioland. Mehrmals hatte sich Kräutler persönlich mit Lula getroffen, hatte die Anliegen der betroffenen indigenen Bevölkerung vorgetragen und das in der Verfassung verankerte Mitspracherecht der Anwohner eingeklagt. Bisher vergebens.
Rückendeckung kann Kräutler gut gebrauchen
Spätestens im April sollen die Bauarbeiten an den Dämmen beginnen, erste Vermessungstrupps wurden bereits vor Monaten am Xingu-Fluss gesichtet. Dabei ist Belo Monte nur einer von gut einem halben Dutzend geplanter Staudammprojekte, die derzeit in der Amazonasregion verwirklicht werden. Erst vor wenigen Tagen hatte Staatspräsident Lula öffentlich erklärt, dass Brasilien Heimat der drei größten derzeit im Bau befindlichen Staudammprojekte sei, die der boomenden Wirtschaft den dringend benötigten Strom liefern sollen. Vor einigen Wochen sagte Kräutler in einem Radiointerview, der scheidende Präsident habe für die indigenen Völker "nicht viel übrig gehabt", sondern sie eher als "Problem für den Fortschritt" angesehen. Die Projekte werden den Menschen deshalb auf autoritäre Art und Weise aufgedrückt, so Kräutler.
Ein großer Hirte und Prophet sei Kräutler, hatte Brasiliens Bischofskonferenz in einem Glückwunschschreiben zum Alternativen Nobelpreis erklärt. Verehrt werde er aufgrund seiner tiefen Spiritualität und seiner immensen Kultur, während die Option für die Armen das Merkmal seiner Amtsführung sei, so das Schreiben weiter.
Seit 1965 lebt Kräutler bereits am Xingu-Fluss, dessen Verteidigung ihm zur Herzensangelegenheit geworden ist. Wenn im Januar Lulas Nachfolgerin Dilma Rousseff in den Präsidentenpalast in Brasilia einzieht, wartet auf Kräutler wohl noch mehr Arbeit; gilt Rousseff doch als hartnäckige Verfechterin der industriellen Erschließung der Amazonasregion. Da kann Bischof Kräutler die nun aus Stockholm erhaltene Rückendeckung gut gebrauchen.
Bischof Kräutler erhält in Stockholm den Alternativen Nobelpreis
Hirte, Prophet und Umweltschützer
Wenn Bischof Erwin Kräutler am heutigen Montag den Alternativen Nobelpreis 2010 entgegennimmt, krönt die Auszeichnung ein selbst für den mittlerweile 71-Jährigen "Amazonas-Bischof" außergewöhnliches Jahr. Unermüdlich hat er sich 2010 gegen die Errichtung des Megastaudamms Belo Monte gestemmt, hat öffentlich Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva angegriffen und als Präsident des Indio-Missionsrates CIMI den Protest persönlich angeführt.
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