Benedikt XVI. blickt auf 2010 zurück

"Eingehende Erneuerung"

Der Erschütterung der Kirche durch den Missbrauchsskandal: Das war der thematische Schwerpunkt im traditionellen Jahresrückblick des Papstes vor den Kardinälen und Prälaten der römischen Kurie. Bei der Audienz im Apostolischen Palast hob Benedikt XVI. auch seine Auslandsreisen, insbesondere nach Zypern sowie nach Großbritannien, hervor.

 (DR)

Als weitere Höhepunkte wertete er die Nahost-Synode im Vatikan sowie das im Juni abgeschlossene Priesterjahr. Angesichts des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen durch Priester rief der Papst am Montag (20.12.2010) zu einer eingehenden Erneuerung der katholischen Kirche auf. Mit Blick auf das "unvorstellbare Ausmaß" der Fälle müsse sich die Kirche nach den Fehlern fragen, die sie gemacht habe, sagte Benedikt XVI.



Bei der Vorbereitung von Priesteramtskandidaten müsse Alles unternommen werden, um künftig zu verhindern, dass jungen Menschen "unter dem Deckmantel des Heiligen" schwerwiegende Verletzungen zugefügt würden, die einen Schaden für das ganze Leben hinterließen.



In seiner Weihnachtsansprache vor den Kardinälen und Mitarbeitern der römischen Kurie dankte der Papst all jenen, die mit großer Hingabe Opfer betreut und ihnen Vertrauen in die Kirche zurückgegeben hätten. Gleichzeitig dankte er den "viele guten Priestern", die in Demut und Treue ihren Dienst verrichteten.



"Ideologische Fundamente in den 70er Jahren"

Die Kirche sei sich ihrer Schuld bewusst, betonte Benedikt XVI. Allerdings dürften die Missbrauchsfälle in der Kirche nicht als isoliertes Phänomen betrachtet werden. Der Papst verurteilte eine allgemeine Verharmlosung von Pädophilie und Pornografie in der Gesellschaft. Es sei ein "erschreckendes Zeichen der Zeit", dass der Markt für Kinderpornographie immer mehr als etwas Normales angesehen werde. Kinder würden psychologisch ausgebeutet und zu einer Handelsware reduziert. In der Dritten Welt bedrohe der Sextourismus die Menschenwürde einer ganzen Generation.



Die "ideologischen Fundamente" für diese Entwicklung macht Benedikt XVI. in den 70er Jahren aus. Damals sei Pädophilie verharmlost worden. Diese "Perversion" sei mit einer allgemeinen Aufweichung der Moral einhergegangen, so der Papst. Sogar bis in die katholische Theologie hinein sei die Relativierung moralischer Maßstäbe damals vorgedrungen. Oft sei die Auffassung vertreten worden, es gebe nichts in sich Schlechtes oder Gutes, sondern nur "Schlechteres" und "Besseres"; Alles hänge von den jeweiligen Umständen und Absichten einer Handlung ab.