Pro NRW schafft es mit Islambeleidigung ins Rampenlicht

Provokation als Programm

Mit einer Serie von bis zu 25 antiislamischen Kundgebungen sorgt die Kleinpartei Pro NRW derzeit für Aufsehen. Die umstrittene Verteilaktion von Koranen durch Salafisten spielt der Partei dabei den Rechtspopulisten in die Hände und schafft ihre Anhänger ins Rampenlicht. Pro NRW tritt zur Landtagswahl am 13. Mai mit der Parole "Freiheit statt Islam" an.

Autor/in:
Christoph Schmidt
 (DR)

Die Wahlkampfleiter von "Pro NRW" dürften derzeit zufrieden sein. Mit dem demonstrativen Zeigen islamfeindlicher Zeichnungen nahe einer Moschee in Solingen am 1. Mai hat ein Häuflein Pro NRW-Aktivisten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Erstens kann sich die rechtsextreme Splitterpartei anderthalb Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen über mehr Aufmerksamkeit freuen als je zuvor. Zweitens spielt die Straßenschlacht zwischen aufgebrachten Salafisten und Polizisten der "Pro NRW"-Propaganda gegen den "gewalttätigen Islam" in die Hände. Noch vor einigen Wochen hatten sich die Salafisten -ebenfalls ein radikales Splittergrüppchen - als freundliche junge Männer gebärdet, die in Fußgängerzonen Korane an ältere Damen verschenken.



Provozierende Karikaturen-Schau

Solingen war nach Essen und Gelsenkirchen der dritte Ort, an dem Pro NRW seine provozierende Karikaturen-Schau abhielt. Insgesamt 25 solcher Aktionen nebst einem islamkritischen "Karikaturen-Wettbewerb" sollen es werden, so in Köln, Bonn, Aachen und Wuppertal. Im Ruhrgebiet reichte der Protest nur zu friedlichen Gegendemonstrationen. Nun wird man bei Pro NRW auf neue Eskalation hoffen, die das Interesse der Medien für die monothematische Kleinpartei weiter befeuert. Denn viel mehr als die Parole "Freiheit statt Islam" hat das Programm der auf Nordrhein-Westfalen beschränkten Partei nicht zu bieten.



2007 hervorgegangen aus der Anti-Moscheen-Initiative Pro Köln, versucht sie sich mit ihren rund 900 Mitgliedern als Bürgerbewegung aus der Mitte der Gesellschaft zu geben. Nicht die Demokratie sei ihr Gegner, sondern deren tödliche Bedrohung durch "Islamisierung", "Überfremdung" und "Multi-Kulti-Wahn", dem auch die gleichgeschalteten Medien huldigten. Dagegen empfiehlt das Programm ein Ende der Zuwanderung, besonders in die sozialen Netze, rigorose Abschiebung ausländischer Straftäter und "Hassprediger", Baustopp für Moscheen und Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen.



Aktivisten sehen sich als Retter des christlichen Abendlands

Damit gehöre Pro NRW nicht in die rechte Ecke, sondern spreche Volkes Stimme, verkünden die politischen Holzhacker. Man sieht sich als Retter des christlichen Abendlands, auch ohne den Segen der Kirchen. Springerstiefel und rechtsradikale Symbole sucht man bei ihren Mini-Demos vergeblich. Stattdessen dominiert staatstreues Schwarz-Rot-Gold und kleinbürgerliches Publikum mittleren Alters.



Zugleich sind jedoch enge Verbindungen zur Extremistenszene im Dunstkreis der NPD belegt. So trat etwa Pro NRW-Chef Markus Beisicht als Strafverteidiger des Neonazis Axel Reitz auf. Und Schatzmeisterin Judith Wolter gab der NPD-Zeitung "Deutsche Stimme" ein ganzseitiges Interview.



Seit 2011 stuft der Verfassungsschutz auch "Pro NRW" wegen Verbreitung fremdenfeindlicher Ressentiments offiziell als rechtsextrem ein. Trotzdem probieren die Islamgegner weiter den taktischen Spagat, sowohl radikales Publikum am rechten Rand als auch bürgerliche Wählerschichten zu erreichen. Mit welchem Erfolg, ist noch nicht absehbar. Inzwischen sitzen sie in 13 Kreistagen und Stadtparlamenten, teils in Fraktionsstärke. Chancen auf Landtagsmandate haben sie bisher nicht.



Klar ist aber: Antiislamische Sammelbecken wie die "Pro"-Bewegungen, zu denen auf Bundesebene auch die überschaubare Partei "Pro Deutschland" gehört, hoffen trotz Nischendaseins auf ein größeres Wählerpotenzial. Allen Umfragen zufolge sieht die Mehrheit der Deutschen den Islam weiter mit Skepsis bis Ablehnung - auch wegen gewalttätiger Reaktionen von Muslimen auf die dänischen Mohammed-Karikaturen. Auf die gezielte Provokation von "Pro NRW" reagieren etablierte Islamverbände dagegen besonnen.



Und bei aller Geschmacklosigkeit: Juristisch ist die Ausstellung islamkritischer Zeichnungen bislang von der Meinungsfreiheit gedeckt. Es wäre deshalb kein gutes Zeichen, wenn die SPD-geführte NRW-Regierung die geplanten Aktionen von "Pro NRW" mit Hinweis auf die öffentliche Ordnung und Gefahren für das deutsche Ansehen zu verhindern suchte. Damit würde sie nur Rechtsradikalen und Salafisten einen Dienst erweisen.