Das karibische Haiti mit seinen rund elf Millionen Einwohnern und seinen zuletzt vermehrt auftretenden Naturkatastrophen ist das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Etwas kleiner als Belgien, nimmt der Karibikstaat das westliche Drittel der Insel Hispaniola ein. Haiti ist mit seinen etwa 11,5 Millionen Einwohner dichter besiedelt als Deutschland.
Etwa 78 Prozent der Haitianer leben unter der Armutsschwelle und müssen mit weniger als zwei US-Dollar am Tag auskommen. Knapp die Hälfte der Erwachsenen kann nicht lesen und schreiben. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen beträgt 800 Dollar jährlich und ist damit sieben Mal niedriger als im Nachbarland Dominikanische Republik. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Haiti beträgt 63 Jahre. Die meisten Einwohner sind Nachfahren afrikanischer Sklaven. Die Bevölkerung bekennt sich mehrheitlich zum katholischen Glauben.
Im 18. Jahrhundert ging es dem Land wirtschaftlich noch sehr gut. Der Gesamtwert der Ein- und Ausfuhren der damaligen französischen Kolonie umfasste seinerzeit ein Viertel des gesamten Handelsvolumens des Mutterlandes Frankreich. Um die expandierenden Zuckerrohr- und Baumwollfelder zu bewirtschaften, wurden pro Jahr bis zu 30.000 Sklaven aus Afrika nach Haiti gebracht.
Wirtschaftliche Motive waren ein Grund für die Widerstände gegen eine Autonomie des Karibikstaates, der sich 1804 für von Frankreich unabhängig erklärte. Als erster europäischer Staat erkannte der Kirchenstaat 1860 die "Republik der Schwarzen" an. Politische Instabilität, fortschreitende Umweltzerstörung und Überbevölkerung führten zu einer Verelendung. Diktatoren, korrupte Regierungen und bewaffnete Banden beherrschen das Land seit Jahrzehnten in unterschiedlichen Konstellationen.
Besonders brutal war die fast 30 Jahre währende Diktatur von Francois Duvalier (1907-1971), genannt "Papa Doc", und seinem Sohn Jean-Claude "Baby Doc" Duvalier (1957-1986). Seitdem Duvalier 1986 ins Exil floh, hat Haiti 14 verschiedene Präsidenten gehabt. Etwas ruhiger wurde es erst 2004, nach dem Sturz von Jean-Bertrand Aristide. Doch die staatliche Ordnung im Land wurde über 15 Jahre versucht mit Missionen der Vereinten Nationen aufrechtzuhalten, es waren tausende uniformierte und zivile Kräfte der UN in Haiti stationiert.
2015 wurde Jovenel Moise zum Präsidenten gewählt, die Wahl wurde aber nach Unregelmäßigkeiten annulliert. 2016 setzte er sich erneut durch. Seit Januar 2020 regierte er per Dekret. Am 7. Juli 2021 wurde Moise ermordet.
Die Wirtschaft stützt sich auf Billiglohnbetriebe, die im Auftrag ausländischer Konzerne Waren fertigen, sowie auf den Export von Agrarprodukten. Größte Devisenquelle sind aber die Heimüberweisungen ausgewanderter Haitianer. Die meisten sind in den USA. Ihre Geldsendungen machen rund ein Viertel des Bruttoinlandproduktes aus.
Verheerende Verwüstungen in dem ohnehin krisengeschüttelten Land richtete 2010 ein schweres Erdbeben an; dabei kamen laut offiziellen Angaben rund 300.000 Menschen ums Leben. Haitis katholische Kirche, die zu den wenigen funktionsfähigen Organisationen im Land gehört, schätzte die Zahl der Toten auf bis zu eine halbe Million.
Rund 1,2 Millionen Menschen wurden damals obdachlos. Die Schäden sind noch heute überall sichtbar. In den Jahren davor hinterließen Wirbelstürme Schneisen der Verwüstung. Haitis Wälder sind praktisch völlig abgeholzt. Damit ist das Land extrem anfällig für Hurrikane und Überschwemmungen. (kna/epd/22.0.2024)