Alexandra Geese

Alexandra Geese / © Angela Krumpen (ak)

Alexandra Geese kommt für die Sendung Menschen nach Köln, wir treffen uns im Garten des Erzbischofes, setzen uns auf zwei Bänke in der Nähe von Bienenstöcken. Mich interessiert, wie die frischgebackene Abgeordnete mit den hohen Erwartungen an die Partei der Grünen umgeht. Hat sie keine Angst, die Menschen zu enttäuschen? Ja und Nein, ist ihre Antwort. Nein, weil "gerade die junge Generation sich so für den Klimaschutz engagiert." Und ja: weil "natürlich teilen nicht alle Mitgliedsstaaten in der EU unseren Enthusiasmus."

Eine Welt ohne Bienen kann doch keiner wollen

Das EU Parlament hat über 700 Abgeordnete, die mehr als 400 Millionen Menschen aus 28 Ländern vertreten – kein Wunder, dass Alexandra Geese es eine Aufgabe findet: "einerseits die Komplexität der EU zu erklären und andererseits zu zeigen, dass auch eine kleine Fraktion viel bewirken kann." Auch wenige Grüne Abgeordnete könnten Einfluss nehmen, weil "die EU die industrielle Landwirtschaft besonders fördert."

Diese industrielle Landwirtschaft sei einer der großen Ursachen für den Artenverlust, "davon müssen wir wegkommen."  Wir bräuchten gesunde Lebensmittel, produziert im Einklang mit der Natur. Der Erhalt des Waldes, von Wiesen, Vögeln, Insekten sei doch genauso wichtig: "eine Welt ohne Bienen kann doch keiner wollen, das ist eine existentielle Frage für uns Menschen und das kann man in Europa verändern."

Neue Medien zum Erhalt der Demokratie

In dieser Brüsseler Legislaturperiode will Alexandra Geese auch eine Neuregelung der Internetplattformen erreichen. Heute sei es so, dass die Algorithmen z.B. bei youtube oder Facebook, Beiträge über negative Emotionen wie Hass und Angst in den Vordergrund spielten. Bei diesen Beiträgen blieben die Menschen länger. Mehr Zeit heiße mehr Werbung, also verdienten die Konzerne mehr Geld. "Und dann gehen wir ins Internet und werden bombardiert mit diesen Nachrichten, die unsere Wirklichkeitswahrnehmung verzerren".

Die Lösung sei eine schwierige Aufgabe. Als eine Vision schwebt Alexandra Geese eine "Plattform Europa" vor: "Eine digitale EU-Plattform, die nicht nach Angst und Hass funktioniert." Sondern ein Portal von allen Mitgliedsstaaten "wie öffentlich- rechtliche Medien, aber viel offener. Mit Serien, News, das Ganze in 24 Sprachen. Das gäbe ganz neue Einblicke in das Leben der Nachbarn."

Erste EU-Dolmetscherin, die Politikerin wird

Dass Alexandra Geese sich so für neue Medien einsetzt, liegt an dem, was sie in 22 Jahren in Italien erlebt hat. Hier würden die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender vom Parlament kontrolliert. "Entsprechend ist die Faktenlage geprägt." Matteo Salvini kommuniziere heute halbstündig über Twitter, "zur Hälfte über Katzen und seine Familie, zur anderen Hälfte schürt er Angst und Wut."

Alexandra Geese, die Politik und Konferenzdolmetschen studiert hat und sechs Sprachen spricht, wollte nicht länger zuschauen, wechselte als erste EU-Dolmetscherin ins Parlament. Mit ihren Sprachenkenntnissen kann sie schneller, direkter mit anderen Abgeordneten kommunizieren, aber: "von 24 kann ich 18 Sprachen nicht. Das ist eine ganze Menge."

Auch der politische Gegner hat immer ein Körnchen Wahrheit

Die Sprachenvielfalt bildet die Vielfalt der Perspektiven und Problemstellungen ab. Alexandra Geese ist es wichtig, dass wir in Deutschland "unsere gute politische Kultur erhalten. Dazu gehört, dass wir die Informationen nicht in einem ständigen Wutzustand bekommen und immer bedenken, es könnte ja auch wahr sein, was der andere sagt."

Das sagt sie auch mit dem Blick auf die in zwei Lager gespaltenen USA, in der sie als Schülerin erlebte, wie gutsituierte Familien alles verloren und auf dem Trailerpark landeten, nur, weil ein Elternteil an Krebs erkrankte: "Wir haben in Europa noch so viel institutionalisierte Solidarität."

Warum Alexandra Geese schon als Kind an den Bundeskanzler schrieb, warum ihre Mutter ein Vorbild ist oder warum sie in Umbrien auf dem Land ohne Strom und Wasser gelebt hat und dennoch ein Stadtmensch ist – das und mehr erfahren Sie in dieser Sendung Menschen.