Prof. Dr. Dr. h.c. mult.
Hans Joas

Professor an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin

Hans Joas lehrt Theologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er habilitierte 1981 an der FU Berlin und lehrte dann als Professor zunächst am Soziologischen Seminar an der Universität Tübingen, bevor er von 1984-1987 als Heisenberg-Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft zum Max-Planck-Institut für Bildungsforschung nach Berlin wechselte. Von 1987-1990 war er Professor am Institut für Soziologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Von 1990-2002 hatte er eine Professur am John F. Kennedy-Institut für Nordamerikastudien und am Institut für Soziologie an der Freien Universität Berlin inne. Anschließend war er bis 2011 war Max-Weber-Professor an der Universität Erfurt sowie Leiter des Max-Weber-Kollegs für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien. Lehraufträge führten ihn mehrfach in die USA, nach Kanada, Schweden, Südafrika, Österreich. 

Joas ist seit 1998 ordentliches Mitglied der Berlin- Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Ehrendoktor der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Universität Tübingen, der Fakultät Sozialwissenschaften der Universität Uppsala, Schweden sowie der Péter-Pázmány-Universität in Budapest. 

Der Soziologe erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Preise, darunter 2012 die Werner-Heisenberg-Medaille der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, den Hans-Kilian-Preis (2013), den Distinguished Lifetime Achievement Award, American Sociological Association, Section History of Sociology  und den Max-Planck-Forschungspreis(2015), den (Link ist extern)Preis für ein hervorragendes wissenschaftliches Lebenswerk der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (2022). Im Jahr 2024 wurde er überdies zum Komtur des Päpstlichen Gregoriusordens ernannt.   

Seine Forschung konzentriert sich auf Sozialphilosophie und soziologische Theorie, insbesondere des amerikanischen Pragmatismus und des Historismus; Religionssoziologie und Soziologie von Krieg und Gewalt sowie den Wertewandel in der modernen Gesellschaft.

Ein besonderer Schwerpunkt von Joas’ Forschung ist die Entstehung der Werte. Er erarbeitete dazu eine Theorie der affirmativen Genealogie von Werten, insbesondere der Menschenrechte. Nach Joas entstehen Werte in Erfahrungen der Selbstbildung und Selbsttranszendenz. Hierzu hat er eine Phänomenologie der Erfahrung der Selbsttranszendenz "vom individuellen Gebet bis zur kollektiven Ekstase in archaischen Ritualen oder in nationalistischer Kriegsbegeisterung" entwickelt; "sie schließt moralische Gefühle, die Öffnung des Selbst im Gespräch und im Erlebnis der Natur ein." Joas betont, dass seine Betrachtung der Kontingenz der Wertentstehung keineswegs "als ein Plädoyer gegen die Ansprüche einer universalistischen Moral" zu verstehen sei.

In einem dreibändigen Werk versucht Joas, aus diesen Voraussetzungen heraus den Grundriss einer Globalgeschichte des moralischen Universalismus zu entwickeln. Im ersten, 2017 erschienenen Band "Die Macht des Heiligen. Eine Alternative zur Geschichte von der Entzauberung" hat er eine detaillierte Kritik der auf Max Weber zurückgehenden Geschichtserzählung von einem seit den hebräischen Propheten voranschreitenden weltgeschichtlichen Prozess der Entzauberung und die Skizze einer Alternative dazu vorgelegt. Im zweiten, 2020 erschienenen Band "Im Bannkreis der Freiheit. Religionstheorie nach Hegel und Nietzsche" geht es parallel dazu um eine Überwindung des auf Hegel zurückgehenden Geschichtsbilds einer im protestantischen Christentums gipfelnden Religionsgeschichte und ihrer konstitutiven Bedeutung für die Konstitution moderner politischer Freiheit. In Porträts bedeutender philosophischer, soziologischer und theologischer Religionsdenker werden dabei die Ansätze zu einer Alternative weiter konkretisiert. In dem in Arbeit befindlichen dritten Band (Arbeitstitel "Universalismus. Weltherrschaft und Menschheitsethos") wird diese Alternative derzeit historisch-soziologisch breit ausgearbeitet. Sein jüngstes Buch (2022) "Warum Kirche? Selbstoptimierung oder Glaubensgemeinschaft" bezieht die Debatten über ein neues Verständnis von Kirche und über Kirchenreform auf diese Geschichte des moralischen Universalismus.