Laurent Ulrich (70), bislang Erzbischof von Lille, tritt als Hauptstadtbischof in Paris die schwere Nachfolge des im Dezember zurückgetretenen Michel Aupetit (71) an. Ulrich, geboren im September 1951 in Dijon in Burgund, gilt als Mann des Dialogs, zugleich umgänglich, zurückhaltend wie entschlossen. In Paris wird er eher ein "Erzbischof des Übergangs", da Bischöfe dem Papst gemäß dem Kirchenrecht mit 75 Jahren ihren Amtsverzicht anbieten müssen.
Allerdings belässt dieser die Leiter wichtiger Diözesen oft noch einige Zeit darüber hinaus im Amt.
Das Amt des französischen Hauptstadt-Bischofs ist auch ein sehr politisches. In der gesellschaftlichen Debatte werden vom Pariser Erzbischof konstruktive Beiträge erwartet. Zu Ulrichs Aufgaben nach innen wird vor allem gehören, die von internen Querelen und den Folgen der kirchlichen Missbrauchsskandalen aufgewühlte Diözese wieder in ruhigere Fahrwasser zu bringen. Zudem sind die Wiederherstellung der 2019 durch einen Großbrand stark beschädigten Kathedrale Notre-Dame zu bewältigen sowie die Aufsicht über die renommierte Pariser Hochschule Institut Catholique zu gewährleisten.
Die bisherige soziale und pastorale Positionierung Ulrichs sehen kirchliche Beobachter ganz im Einklang mit Papst Franziskus. Der neue Erzbischof steht auch dem bisherigen Interimsleiter in Paris nahe, Erzbischof Georges Pontier (79). Ein fließender Übergang ist daher zu erwarten.
Ulrich wurde 1979 für das Bistum Dijon zum Priester geweiht. Zunächst Pfarrer in Beaune, dann Bischofsvikar und Generalvikar, wurde er im Juni 2000 von Johannes Paul II. zum Erzbischof von Chambery, Maurienne und Tarentaise ernannt. Sein bischöfliches Motto lautet "Die Freude am Glauben".
2007 wurde Ulrich stellvertretender Vorsitzender der Französischen Bischofskonferenz (bis 2013). Im Februar 2008 machte ihn Benedikt XVI. zum Erzbischof von Lille. Die nordfranzösische Erzdiözese mit ihren rund 1,6 Millionen Einwohnern verliert nun ihren Erzbischof, nachdem im Februar bereits Weihbischof Antoine Herouard als neuer Erzbischof von Dijon abgezogen worden war.
Absolvent in Philosophie und Theologie, widmete Ulrich seine Abschlussarbeit dem Thema Glaubensbekenntnis in der modernen Welt.
Aus der nördlichen Metropole Lille ist er mit den Problemen in ärmeren ländlichen oder Arbeitervierteln und der dramatischen Situation von Migranten vertraut. Dort gehörte er zu den Initiatoren der Provinzialsynode für Lille, Arras und Cambrai (2013-2015). (kna/22.05.2022)