Martin Struck

Martin Struck / © angela krumpen (ak)

Durch die Stufen der Treppe im Turm gähnt mich die Tiefe an und leichte Höhenangst treibt meinen Puls in die Höhe:  Martin Struck, Diözesanbaumeister im Erzbistum Köln, hat sich die romanische Basilika Groß St. Martin als Aufnahmeort für die Sendung Menschen gewünscht. Oben angekommen, blitzt der Rhein zwischen den kleinen, umlaufenden Torbögen im Turm. Jetzt klopft mein Herz schon wieder, diesmal vor Freude über den spektakulären Blick
 
Wir stehen immer auf den Schultern unserer Vorgänger
 
"Ich wäre gerne öfter hier. Ich fühle mich hier einfach wohl."  Groß St. Martin mit seinen verschiedenen Orten, der Krypta, dem hohen Kirchenraum, dem Turm, ist für Martin Struck ein Sinnbild dafür "wie ich mein Leben einordne in das große Ganze. Wir stehen immer auf den Schultern der Vorgänger. Wir können nicht beim Punkt Null anfangen. Wir haben immer etwas, das schon da ist."
 
In der Krypta erklärt Martin Struck mir geduldig und leidenschaftlich die Fundamente aus den verschiedenen Jahrhunderten. Es ist ihm wichtig" das zu sehen, dass erkennen kann, dass es nichts gibt, was ohne Vorläufern steht. Wir sind hier umringt von Mauerwerk, das früher oberirisch war." Früher seien die Reste nicht weggeräumt worden. Neues wäre auf das Alte gebaut worden." Jeder Stein der hierliegt ist ja von weither angeschleppt worden, der Tuffstein aus der Eifel, in Köln gab es keine Steine. Man hat den römischen Straßenbelag dann im MA benutzt um dicke Fundament herzustellen. Das gleiche finden wir auch unter dem Kölner Dom."
 
Die Kirchen verschwinden im Häusermeer
 
Auf dem Turm schmerzt das Stadtplanerherz von Martin Struck: "Für den Stadtplaner besteht die Stadt aus privaten und aus öffentlichen Gebäuden, die über die privaten herausragen. Die Öffentlichkeit gibt ihrer Kultur ein Gesicht, Rathaus, Theater, Kirchen usw. Von hier sehen wir immer höhere Bürogebäude. Die Kirchen verschwinden immer mehr in diesem Häusermeer. Und damit auch der kulturelle Ausdruck unserer Zeit."
 
Martin Struck ist Pendler, Zugpendler. Damit er es, manchmal, wenn es sich in seine Termine einflechten lässt, zum Mittagsgebet nach Groß St. Martin schafft, hat er sich eigens zu diesem Zweck ein altes Fahrrad angeschafft hat.  "Ora et labora, das ist eine gute Tradition, die das Tagwerk unterbricht und Struktur schafft. In der Gemeinschaft, miteinander."  Martin Struck schätzt  am Mittagsgebet in Groß St Martin besonders den Gesang der Brüder und Schwestern der Gemeinschaften von Jerusalem. "Das besondere ist vielleicht die sehr schöne Musik, vierstimmig im Wechsel, so, wie es in der uralten Tradition überliefert ist."
 
Lehrjahre beim Neubau von  Kolumba

Gottfried Böhm, der große Architekt, spielte schon früh eine Rolle im Leben von Martin Struck. Mit 17, noch vor dem Abitur, bestärkte Böhm ihn, ein Handwerk zu lernen. So machte Martin Struck eine Schreinerlehre bei einem Schiffsbauer, studierte dann Architektur und genoss dabei vor allem die Zeit im Auslandsjahr in England: hier waren wenig Studenten, die intensiv betreut wurden und viel lernen konnten. Als Stadtplaner in Meerbusch lernte er im öffentlichen Raum zu bauen und als Martin Struck2001  Diözesanbaumeister wurde, kam gleich ein Megaprojekt auf ihn zu: Kolumba, der Neubau des Diözesanmuseums. "Das waren richtige Lehrjahre für mich."
 
Nicht immer alles direkt abreißen
 
"Den Bestand weiter entwickeln, nicht immer direkt abreißen. Was ist da und was kann davon funktionieren, wie kann das weiter gehen? Das war über Jahrhunderte das Übliche." Martin Struck hat klare Vorstellungen, was gute Architektur. Auf die Frage, welchen Wunsch er noch hat, muss er nicht lange überlegen. Sehr gerne würde er: "diese Haltung an jüngeren Architekten weitergeben. Ehren was da ist und in der Sprache unserer Zeit weiter bauen."