Stefan Mörsdorf

Stefan Mörsdorf / © Angela Krumpen  (ak)

Oder bleibe, günstigstenfalls, ein Schwerstpflegefall. Aber Stefan Mörsdorf kämpfte sich zurück, lernte sitzen, sprechen, gehen. Begann zu pilgern, nur vier Jahre später hat Stefan Mörsdorf den Jakobsweg vom Saarland bis nach Frankreich bewältigt – und hat jetzt Santiago de Compostela im Blick.

Was wie ein Wunder klingt, ist harte Arbeit. Und tiefes Gottvertrauen

Stefan Mörsdorf kommt mich am Niederrhein besuchen, sein Sohn bringt ihn. Zusammen fahren wir weiter zur Ossumer Kapelle in Meerbusch. Auf dem Kirchplatz klebt an einem kleinen Pfahl eine Jakobsmuschel: auch durch den Niederrhein führt der Jakobsweg, hier sind wir richtig. Extra angeradelt kommt ein ehrenamtliches Mitglied der Gemeinde, schließt uns die Kirche auf, wartet über eine Stunde, bis wir fertig sind. Und das, obwohl ich erst am Morgen selbst, angesichts der tiefgrauen Wolken am Himmel, angefragt habe und obwohl im Ort Schützenfest ist! Was für eine großartige Gastfreundschaft der Pfarre Hildegundis vom Meer, zu der diese Kapelle gehört.

"Das ist der Jakobsweg", sagt Stefan Mörsdorf "diese Gastfreundschaft erfahre ich auf dem Jakobsweg andauernd." Über 300 km ist Stefan Mörsdorf bisher auf dem Jakobsweg gepilgert. 300 km, die  Stefan Mörsdorf sich mühsam, Schritt für Schritt, erkämpfen musste.

Auf dem Sternenweg zurück ins Leben

Wobei jeder Schritt ein Schritt zurück ins Leben ist. In ein Leben mit mehr Autonomie, mehr Freiheit, mehr Selbstbestimmung. "Normalerweise sagen die Ärzte, was man in den ersten zwei Jahren nach einer Hirnblutung nicht wieder lernt, lernt man gar nicht mehr. Aber das stimmt nicht. Stefan Mörsdorf macht jetzt schon seit vier Jahren kontinuierlich Fortschritte.

Dass ein Ende dieser Fortschritte nicht in Sicht ist, liegt auch daran, dass Stefan Mörsdorf das Pilgern nicht aufgibt. "Schritt für Schritt - Auf dem Sternenweg zurück ins Leben" hat er sein Buch über seinen Pilgerweg genannt. Sternenweg, lerne ich, ist eine poetische, aus dem Mittelalter stammende Umschreibung des Jakobsweges. Nach alten Vorstellungen weist das Licht der Milchstraßensterne den Weg zum Paradies. Und Stefan Mörsdorf sagt: "Die Landschaften, Kirchen und Kapellen, Vögel, Bäume, Pflanzen, die Gastfreundschaft: unterwegs fühle ich mich oft wie im Paradies."

Hauptsache ich lebe

Stefan Mörsdorf erzählt in der Sendung von seiner Zeit als Umweltminister, warum er, der sich nie als Politiker verstand, so viel Verantwortung übernahm. Zehn Jahre, in denen er viel bewegte: "Es waren  gute, schöne Jahre, ich will sie nicht missen." Stefan Mörsdorf hadert nicht mit seinem Leben auf der Überholspur, in dem er für Umwelt und  Gesellschaft viel erreichte und seine Gesundheit vergaß: "Ich lebe und das ist die Hauptsache."

Während wir im Altarraum der Kapelle die Sendung aufnehmen, erzählt Stefan Mörsdorf launig, was am Tag seiner Hirnblutung geschah. Und warum er schon ein paar Wochen später am liebsten eine Gelbbauchunke den Ärzten in eine Urinflasche geschmuggelt hätte. Die Reise zum domradio.de Interview, die Sendung selbst - ich kann sehen, welche große Anstrengung Stefan Mörsdorf auf sich nimmt. Warum tut er das?

"Wenn es irgendjemand und sei es nur einen Menschen, motiviert, das Beste aus seinem Leben zu machen, dann lohnt es sich. Das Leben ist so schön."

(Eine Wiederholung vom 16.09.2018)