Er gehörte zu den erfolgreichsten Figuren der katholischen Kirche in den USA. Als Erzbischof von Washington (2001-2006) erhielt Theodore McCarrick den Kardinalshut; Spitzenpolitiker suchten seinen Rat. Und als 2014 die Geheimverhandlungen zwischen der US-Regierung von Barack Obama und Diktator Raul Castro in Kuba um die Aufnahme diplomatischer Beziehungen stockten, spielte McCarrick eine Schlüsselrolle dabei, Papst Franziskus als Vermittler ins Spiel zu bringen.
Seine herausragende Stellung auch auf internationaler Bühne belegen Fotos mit Päpsten, Präsidenten und anderen Prominenten. Die von ihm 1988 mitgegründete "Papal Foundation" hat mehr als 200 Millionen US-Dollar Kapital angesammelt.
Umso tiefer war sein Sturz, als bekannt wurde, dass er offenbar vor 50 Jahren als Priester in New York einen Minderjährigen missbraucht hatte. McCarrick schaffte es über Jahrzehnte, diesen Teil seines Lebens zu verheimlichen. Erst 2018 holte McCarrick, als Erzbischof von Washington Vorkämpfer einer Null-Toleranz-Politik gegen Missbrauch, seine sexuelle Vergangenheit ein.
Was seine Einsicht angeht, so sagte McCarrick im Sommer 2019 in einem Interview, er glaube nicht, dass er jene Dinge getan habe, die man ihm vorwirft. Ungenannten "Feinden" hielt er vor, sie hätten andere ermutigt, Missbrauchsgeschichten über ihn zu erfinden.(kna/10.11.2020)