Einschätzungen zum Papstschreiben

"Amoris Laetitia" - "Die Freude der Liebe"

Mit großer Spannung war das postsynodale Schreiben "Amoris Laetitia" von Papst Franziskus erwartet worden. In der Themensendung diskutieren u.a. der Berliner Erzbischof Koch, der Kölner Pfarrer Meurer und der Freiburger Dogmatiker Hoping.

Vatikan: Papst-Schreiben zu Ehe und Familie / © Osservatore Romano (dpa)
Vatikan: Papst-Schreiben zu Ehe und Familie / © Osservatore Romano ( dpa )

Auf 200 Seiten legt der Pontifex in seinem Schreiben dar, was nun die bindenden Vorstellungen der katholischen Kirche von Ehe, Familie und Sexualität sind. Bei Kirchenvertretern aus Deutschland ist das Papier auf überwiegend positives Echo gestoßen. Kritik gab es lediglich daran, dass in der Frage nach dem Sakramentenempfang für zivil wiederverheiratete Geschiedene kein eindeutiges Votum erfolgt ist, und dass Franziskus keine anerkennenden Worte für gleichgeschlechtliche Beziehungen gefunden hat.

Mit in der Synodenaula im Vatikan bei den Beratungen war Heiner Koch, der Erzbischof von Berlin und Familienbischof der Deutschen Bischofskonferenz. Im Abschlussdokument findet er die Beratungen wieder: "In vielen Formulierungen höre ich die Diskussionen und auch das, was die Mitbrüder sagten. Dass er das alles aufgegriffen hat, finde ich wunderbar." Franziskus macht in "Amoris Laetitia" deutlich, dass homosexuelle Partnerschaften nicht diskriminiert werden dürfen, eine Gleichstellung zur Ehe von Mann und Frau aber auch nicht möglich sei.  "In dem Punkt sind wir sehr weit auseinander", sagt Erzbischof Heiner Koch im Hinblick auf die Ökumene deutlich. Die evangelische Landeskirche Berlin-Brandenburg hatte sich erst vor wenigen Tagen für Segnungsfeiern homosexueller Paar ausgesprochen. "Für uns ist die Ehe die Beziehung zwischen Mann und Frau: lebenslang ausgerichtet und offen für die Weitergabe des Lebens. Das hat nichts mit Diskriminierung zu tun, sondern mit Differenzierung. Für uns ist das in der Schöpfung von Gott angelegt."

Gemischtes Fazit des Jugendverbandes

Eher ein gemischtes Fazit des Papiers hat der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) gezogen. Auf domradio.de erklärte der Bundesvorsitzende Wolfgang Ehrenlechner: "Der Papst hat sich zwar bemüht, die Lebenswirklichkeit in den Blick zu nehmen, wir hatten aber doch den Eindruck, dass er nicht in letzter Konsequenz darauf eingegangen ist." Es finde sich relativ wenig Bewegung auf die jungen Menschen zu, kritisierte Ehrenlechner. "Das ist ja gerade das Problem der katholischen Kirche, dass sie viele junge Menschen nicht mehr erreicht, weil sie so himmelweit weg ist von ihrer Lebenswirklichkeit und so wenig auf die tatsächlichen Probleme in Bezug auf Partnerschaft und Beziehungen eingeht." Trotzdem sei das Papstschreiben ein Schritt nach vorne, so Ehrenlechner.

Wie man mit dem Papstschreiben an der Basis umgeht, davon erzählte der Kölner Pfarrer Franz Meurer. "Das Schöne ist, dass der Papst deutlich macht, wie schön die Liebe ist." Es gehe ihm auch nicht so sehr um die Festschreibung von Regeln in dem Papstschreiben: "Es ist typisch deutsch. Wir wollen immer, dass uns einer sagt, wie es ist. Normen sind aber dazu da, eine Richtung vorzugeben. Barmherzigkeit und Gesetz sind keine Gegensätze und müssen sich ergänzen." Wichtig sei nicht, wie groß die Schritte sind, sondern dass die Richtung stimme. "Die Richtung stimmt beim Papst", so Meurer.  Und deshalb wirbt er auch für pragmatische Lösungsansätze: "In der Praxis gibt es doch nur eins. Wenn ich acht Kinder habe und das neunte kommt und man lebt von Hartz IV und der Herrgott sagt nicht: ‚Du musst verhüten!‘, dann stimmt irgendetwas nicht."

Weitere Gesprächspartner in der Sendung: Kath.net-Korrespondent Armin Schwibach, Sigrid Grabmeier von der Initiative "Wir sind Kirche", FAZ-Redakteur Daniel Deckers sowie der Freiburger Dogmatiker Helmut Hoping. Die komplette Sendung können Sie hier als podcast anhören.


Amoris Laetitia / © Cristian Gennari (KNA)
Amoris Laetitia / © Cristian Gennari ( KNA )