Eine katholische Bischofssynode hat - anders als eine evangelische Synode - nichts zu entscheiden. Mit dem, was dort diskutiert wird, welche Dokumente verabschiedet werden, kann ein Papst machen, was er will. Ganz daran vorbei kommt er kaum. Und das will auch Franziskus nicht, weswegen ihm sehr daran gelegen sein dürfte, was seit dem vergangenen Wochenende das Redaktionskomitee verfasst und wie die Arbeitsgruppen in diesen Tagen damit umgehen werden. Am Samstag wird das Ergebnis von den Synodenvätern verabschiedet - oder in Teilen eben nicht.
Vor allem im deutschsprachigen Raum starren viele auf die "viri probati" und mögliche neue Ämter für Frauen. Beide Themen könnten bescheidener ausfallen als erwartet, gar vertagt werden. So ist eine Minderheit der Synodenväter prinzipiell gegen eine vereinzelte Priesterweihe für ältere, bewährte verheiratete Männer. Viele sind dafür, befürchten aber, dass dieses Thema wichtigere Anliegen wie den Schutz des Regenwaldes, der Menschenrechte, indigene Lebensformen und den Einsatz gegen Gewalt verdrängt.
Priestermangel im Amazonasgebiet
Andererseits kamen vergangene Woche aus den Kleingruppen klare Stellungnahmen für "viri probati" wie für eine Form des Diakonats von Frauen. "Dies wäre eine mögliche Weise der von allen geforderten Anerkennung für die Arbeit von Frauen, die sie ohnehin schon machen", sagt eine Ordensschwester aus dem brasilianischen Bundesstaat Roraima.
Ausgangsproblem ist die mangelnde Präsenz offizieller katholischer Vertreter in entlegenen Dörfern und Gemeinden. Manche katholische Gemeinden haben aus ihren Kapellen inzwischen den Altar entfernt, vorne steht nur noch ein Lesepult. Für die zwei oder drei Mal im Jahr, wenn ein Priester zu Besuch kommt, um Eucharistie zu feiern, wird ihm ein Tisch hingestellt. Da sind Evangelikale und Pfingstler besser aufgestellt, ihre Pastoren sind ständig vor Ort.
Eigenes Kirchenrecht?
Mit der Idee eines eigenen amazonisch-katholischen Ritus - nach dem Vorbild katholischer Ostkirchen -, stellte Kurienerzbischof Rino Fisichella eine ungewöhnliche Alternative vor. Sie würde es nicht nur ermöglichen, Elemente indigener Kultur in die katholische Liturgie zu integrieren. Sie könnte gar ein eigenes Kirchenrecht beinhalten, Dienste und Ämter oder Zugangsvoraussetzungen dazu. Es könnte, wie in den katholischen Ostkirchen, verheiratete Priester geben. Immerhin kam der Vorschlag aus einer Arbeitsgruppe, die vom Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria, moderiert wird.
Beim Thema Inkulturation des Christentums in die Lebenswelten Amazoniens sehen extrem Konservative gar pagane Kulte in die katholische Liturgie eindringen. Als beim Gebet in den Vatikanischen Gärten zum Franziskus-Tag unter den von Indigenen mitgebrachten Lebenssymbolen die hölzerne Darstellung einer Schwangeren mit Fötus zu sehen war, wollten einige wissen, ob der Papst nicht doch vor dieser gebetet habe.
Rückzug von kirchlichem Anlagekapital
Entnervt mussten die Vatikansprecher Paolo Ruffini und Matteo Bruni wiederholt dementieren: Das gestreamte Video sei klar, der Papst habe das Vaterunser gebetet und einen Baum gepflanzt. Kardinal Ladaria sagte in einem Interview zur Inkulturation: "Wie diese in Amazonien am besten geschieht, ist nicht Sache derer, die nicht dort leben." Rom könne allenfalls Prinzipien aufstellen, um den Inhalt und die Tradition des Glaubens zu bewahren.
Ladaria unterstützte ebenfalls Forderungen von Bischöfen und Indigenen nach kirchlichen Desinvestitionen - also Rückzug von Anlagekapital - aus Unternehmen, die am Raubbau in Amazonien beteiligt sind. Von dessen Folgen war viel die Rede. Der Kreuzweg, den Indigene und andere am vergangenen Samstag von der Engelsburg zum Petersplatz gingen, gedachte der Märtyrer und anderen in Amazonien, die Opfer der dort verbreiteten Gewalt wurden.
Katakomben-Pakt
Auch unabhängig davon, was das Abschlussdokument am Samstag enthält: Amazoniens Bischöfe wollen handeln. Am Sonntagmorgen trafen sich gut 40 von ihnen mit fast 150 anderen Gläubigen in aller Frühe in der Domitilla-Katakombe. Dort unterzeichneten sie einen "Pakt für das gemeinsame Haus", eine Selbstverpflichtung für "eine Kirche mit amazonischem Gesicht" in 15 Punkten: von integraler Ökologie über eine synodale, inkulturierte Kirche bis zum eigenen Lebensstil. Die Vereinbarung knüpft an einen ersten Katakomben-Pakt an, den 40 Bischöfe im November 1965 am selben Ort unterzeichnet hatten.
Der Katakomben-Pakt wie die Synode überhaupt sind für viele Teilnehmer auch Gelegenheit, Mut und Zuspruch zu erfahren. Denn gefährdet sind in Amazonien nicht nur Regenwald und Indigene. "Ich bin nur ein kleiner Bischof, dem man an der nächsten Ecke den Hals umdrehen kann", gestand einer von ihnen.