Sieben Meter lang ist das Holzschiff, das seit Mai 2016 im Erzbistum Köln ist. Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hatte es zum Jahr der Barmherzigkeit nach Köln bringen lassen. Die maltesische Armee hatte es bei einem Rettungseinsatz beschlagnahmt. 80 bis 100 Flüchtlinge hatten darin gesessen, um die gefährliche Reise aus Kriegsgebieten über das Mittelmeer nach Europa anzutreten.
"Frühzeitig kam die Anfrage des Hauses der Geschichte, das Boot zum Teil der neuen Dauerausstellung zu machen", erinnert sich Robert Boecker, Leiter der Medienproduktion in der Hauptabteilung Medien und Kommunikation des Erzbistums im Interview mit DOMRADIO.DE. Für das Erzbistum sei das eine gute Lösung gewesen, so Boecker. Für mindestens sieben Jahre soll das Boot jetzt in dem Bonner Museum zu sehen sein.
"Wege verstehen, die wir gegangen sind"
Das Haus dokumentiert die deutsche Geschichte seit 1945. Für die neue Dauerausstellung wurden vor allem die Jahre seit 1980 bis in die Gegenwart neu konzipiert. Neuer Schwerpunkt sind die revolutionären Umwälzungen in Osteuropa und der DDR sowie der deutsche Wiedervereinigungsprozess. Dabei fließen neueste Forschungsergebnisse ein. Zudem werden neben Migration auch Themen wie Digitalisierung, internationaler Terrorismus und moderne Medien in den Fokus gerückt.
"Diese Ausstellung hilft uns, die Wege zu verstehen, die wir gegangen sind", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung der Schau am Montag, bei der auch Kardinal Woelki anwesen war. Die Ausstellung schule das historische Denken und rege dazu an, die Gegenwart besser zu verstehen.
"Umgang mit der Geschichte hinterfragen"
"Wir sollen, ja, wir müssen kritisch bleiben", mahnte der Bundespräsident laut Redetext. "Das heißt auch, dass wir nicht aufhören können, unseren Umgang mit der eigenen Geschichte und mit den politischen Schlüssen, die wir daraus ziehen, zu hinterfragen."
Bevor das Flüchtlingsboot in Bonn seinen vorerst letzten Standort fand, war es unterwegs im Erzbistum: Bei der Fronleichnamsmesse 2016 auf dem Roncalliplatz neben dem Dom diente es als Altar. Danach wurde das Boot zunächst im Kölner Dom aufgestellt, um als "Mahnzeichen" an die im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge zu erinnern. Anschließend ist es als Anschauungsobjekt durch das Erzbistum gereist - durch Gemeinden aber auch durch Schulen.
"Bewegende Begegnungen"
"Diese Begegnung und das Anfassen des Bootes hat sehr vielen Menschen zutiefst bewegt", erklärt Robert Boecker. An manchen Orten hätten bis zu 50 Menschen versucht, in dem Boot Platz zu nehmen, um das "Gefühl der unbeschreiblichen Enge zu spüren", erinnert sich der Abteilungsleiter Medienproduktion. Er erzählt von Begegnungen mit Menschen, die teilweise selbst Fluchterfahrung hatten, aber auch von der Station im Berufskolleg in Köln, wo das Boot eine Woche im Foyer stand: "Die dort ansässige Klasse mit geflüchteten Menschen wollte mit diesem Boot nicht konfrontiert werden und ist für diese Woche ausquartiert worden, weil die Menschen teilweise so schreckliche Erfahrungen auf ihrer Flucht gemacht haben", berichtet Boecker.
Wichtig sei den Organisatoren immer gewesen, das Boot in einen größeren Kontext zu stellen. "Es geht nicht nur um Flüchtlingsfrage geht sondern auch um Migration, soziale Gerechtigkeit und Globalisierungsproblematik."
Eines der meistbesuchten deutschen Museen
Im Haus der Geschichte wird das Boot ab Dienstag für die Öffentlichkeit zu sehen sein. Der Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, Walter Hütter, betonte, die Ausstellung sei inhaltlich aktueller, internationaler und emotionaler geworden. Habe man sich früher etwa auf die friedliche Revolution in Ostdeutschland konzentriert, so zeige das Museum heute stärker die internationalen Zusammenhänge von der polnischen Freiheitsbewegung über die Politik Gorbatschows bis zum Fall der Mauer.
Das 1994 auf Initiative von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) eröffnete Haus der Geschichte in Bonn ist mit rund 400.000 Besuchern im Jahr eines der meistbesuchten Museen der Bundesrepublik. Neben der Bonner Ausstellung gehören auch das Zeitgeschichtliche Forum in Leipzig sowie der Tränenpalast und das Museum in der Kulturbrauerei in Berlin zum Haus der Geschichte.
Finanziert wird das Museum aus dem Haushalt der Staatsministerin für Kultur und Medien; 2017 flossen rund 23,6 Millionen Euro in die Einrichtung. Die Schau war im März wegen einer umfangreichen Sanierung des Glasdaches geschlossen worden.