Winfried Pilz war aus Überzeugung Seelsorger für die Jugend

Gedenken an einen Mann mit Charisma

Für viele Jugendliche war Msgr. Winfried Pilz in den 1970er und 80er Jahren prägend: jemand, der sie führte und mit seinen flammenden Predigten begeisterte. Der ihnen zuhörte, sie ernst nahm und ihnen Gott vertraut machte. Ein Nachruf.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Trauer um Monsignore Winfried Pilz / © Paul Sklorz (KNA)
Trauer um Monsignore Winfried Pilz / © Paul Sklorz ( KNA )

Winfried Pilz war dafür bekannt, dass er jedes einzelne Wort in seiner Predigt verkostete, und war doch das, was man als uneitel bezeichnen muss. Denn Kult um seine Person war ihm fremd. Dennoch wurde er glühend verehrt und hatte zahlreiche Anhänger. Als Jugendliche hingen wir an seinen Lippen.

Eine kleine Offenbarung

Jeder Satz, mit dem er das Evangelium auslegte, war eine kleine Offenbarung und zeigte seine außerordentliche Sprachbegabung. Denn er malte Bilder, die anschaulich machten, was in der Bibel geschrieben stand, und gab auf diese Weise Zeugnis von einem Glauben, der ansteckend war. Scheinbar ohne Manuskript stand er viele Jahre in der 17 Uhr-Messe am Sonntagnachmittag am Ambo im Altenberger Dom, wo er zweifellos seine Fan-Gemeinde hatte. Die, die keinen Platz mehr in den Kirchenbänken finden konnten zu einer für eine Messe eher unüblichen Zeit – im "Altenberger Hof" vis-à-vis wurde in dieser Nachmittagsstunde zeitgleich die Kaffeetafel eingedeckt – hockten am Boden oder lehnten an den Säulen.

Denn wenn der Rektor von Haus Altenberg predigte, kamen die Gläubigen in den 80er Jahren auch von der Peripherie in den Bergischen Dom. Man "pilgerte" nach Altenberg, um diesen begnadeten Prediger zu hören. Denn Winfried Pilz hatte etwas zu sagen. Und das, was er sagte, hatte mit dem eigenen Leben zu tun, ging nicht über die Köpfe hinweg – geschweige dass es leere theologische Formeln waren. Eher hing es einem noch nach, wenn man längst draußen vor den Domportalen stand und in kleinen Grüppchen das eine oder andere Gehörte nochmals bedachte. Dieser Geistliche versprühte ein Feuer, das nachhaltig wärmte.

Ein Herz für die Jugend

Winfried Pilz hatte ein Herz für die Jugend, ein Gespür für die Menschen. Und er hatte ein großes Talent, junge Leute für die Kirche zu begeistern. Es war seine Idee, 1978 den ersten "Altenberger Sommer" ins Leben zu rufen, eine geistlich geprägte Ferienzeit mit Eucharistiefeiern, Glaubensgesprächen, aber auch einer Menge Freizeitaktivitäten, die die unterschiedlichsten Jugendlichen im Herzen des Bergischen Landes zusammenführte.

Dieses besondere Format sollte noch viele Jahre bestehen, später auch international ausgebaut werden mit der Einladung an Jugendliche aus ganz Europa. Hier wurde miteinander gebetet und getanzt, geschwiegen und gesungen, Brot gebacken und gewandert, gespielt und über Gott und die Welt philosophiert. Gleich im doppelten Wortsinn wurden Brücken gebaut. Vor allem aber wurde viel geredet: über sich selbst, die eigene Sehnsucht und die Suche nach Sinn. Diese Gemeinschaftserlebnisse machten stark, gaben Halt und Orientierung, ließen die Welt eine Weile außen vor und führten zum inneren Kern: einer bis dahin ungekannten Erfahrbarkeit von Menschen- und Gottesbegegnung.

Manchmal wurden die Nächte zum Tag, wenn in den alten Mauern der ehemaligen Zisterzienserabtei auf Einladung von WiPI, wie wir ihn alle vertraut und doch respektvoll nannten, auf Gott in dunkler Stille gehört werden sollte. Und trotzdem waren alle Zeiten immer ausgefüllt mit Heiterkeit, viel Musik und Vertrauen in einen, der da führt und leitet, anregt, unkonventionelle Ideen hat, motiviert und ermöglicht…

Ein Mann mit Charisma

Winfried Pilz war so einer, der die Menschen um sich versammelte wie damals Jesus seine Jünger. Er traute den jungen Menschen etwas zu, machte sie stark und gab dennoch Raum für Zweifel. Er wollte nicht missionieren, allenfalls Optionen aufzeigen, im guten Sinne – und vielleicht dennoch absichtslos – Vorbild und Wegbegleiter sein.  Wer sich von dem Zauber seiner Angebote und den Erfahrungen in der Gruppe gefangen nehmen ließ – und das taten wir als 16-, 17- und 18-Jährige – erlebte Zugehörigkeit und eine Persönlichkeitsentwicklung, in der die Freundschaft mit Gott zum festen Bestandteil wurde. Der erlebte, was es heißt, sich fallen lassen zu können, um dem eigenen Leben eine entscheidende und entschiedene Richtung zu geben.

Später kamen weitere Glaubensangebote in Haus Altenberg dazu: die "Ora et labora"-Wochen mit harter körperlicher Arbeit und regelmäßigen Gebetszeiten nach dem Vorbild des Heiligen Benedikt oder Schweigetage, das Altenberger Licht, geistliche Vorträge und Führungen…

Was Winfried Pilz machte, tat er ganz: mit großem Herzen, fundamentalem Glaubenswissen und leidenschaftlichem Engagement. Er war ein Mann mit Charisma und einer Ausstrahlung, der man sich nicht entziehen konnte. Und er war bereit abzugeben von dem, was er selbst – so jedenfalls schien es uns damals – an einem "Leben in Fülle" hatte. Er zeigte uns, wohin die Lebensreise gehen kann. Meine Pfade jedenfalls hat er maßgeblich mitbestimmt.

Quelle:
DR