In Deutschland zeitigt die Integration Erfolge. Dieser Satz fußt auf einer am Mittwoch in Berlin vorgestellten Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der EU-Kommission. Er scheint in deutlichem Kontrast zur aufgeregten Migrationsdebatte zu stehen. Dabei kommt es vor allem darauf an, wen und was man betrachtet.
Etwa 70 Prozent aller knapp 13 Millionen Zuwanderer leben schon zehn Jahre oder länger in Deutschland, wie der OECD-Migrationsexperte Thomas Liebig betont. Der starke Zuzug von Flüchtlingen seit 2015 mache sich nur ganz langsam in vielen Statistiken bemerkbar. Allerdings gebe es seitdem keine weiteren Fortschritte mehr auf dem Arbeitsmarkt.
Deutschland liegt im OECD-Schnitt
Umso größer fielen diese jedoch zuvor aus: Die Beschäftigungsquote von Zugewanderten stieg - dem Wirtschaftsaufschwung sei Dank - zwischen 2006/07 und 2017 deutlich stärker als in anderen Staaten. Mit einem Wert von 67 Prozent liegt Deutschland etwa im OECD-Schnitt. Für die Studie waren die Daten von allen EU- und OECD- sowie einigen G20-Ländern verglichen worden.
Die Statistik zeigt auch: Zuwanderer haben im Vergleich zur im Inland geborenen Bevölkerung aufgeholt. Die Arbeitslosenquote unter Zuwanderern sei fast zweimal stärker gesunken, erklärt Liebig. Mit dieser Dynamik sei Deutschland an der Spitze. Männer sind dabei deutlich häufiger in Arbeit als Frauen. Besonders wichtig für den beruflichen Erfolg ist dem Experten zufolge nach wie vor, ob eine Qualifikation im Ausland oder in Deutschland erworben wurde.
An diesem Punkt will auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, ansetzen. "Wir müssen bei der Anerkennung von ausländischen Bildungs- und Berufsabschlüssen deutlich schneller werden", sagte die CDU-Politikerin. Zudem will sie Frauen mit speziellen Integrationskurse gezielt unterstützen. "Einen festen Job zu haben, ist ein wichtiger Teil gelungener Integration."
Im Bildungsbereich sind die Probleme größer
Der Anteil der Zuwanderer mit hohem Bildungsabschluss liegt mit 23 Prozent weiter deutlich unter dem OECD- und EU-Schnitt und unter dem Anteil bei im Inland Geborenen. Zugleich ist der Anteil Geringqualifizierter mit 48 Prozent besonders hoch.
Bei jungen Migranten weist die Statistik aber eine positive Entwicklung aus. Und betrachtet man die hierzulande geborenen Zuwandererkinder im Alter von 15 bis 34, zeigt sich ein weiterer Spitzenwert: In keinem anderen EU-Land ist der Anteil derjenigen, die weder in Ausbildung noch in Beschäftigung sind, so niedrig - nämlich zehn Prozent.
Die Schulleistungen der sogenannten zweiten Generation - also der Kinder von Zuwanderern - haben sich zwar erheblich verbessert, dennoch bleiben sie weiter zurück. Das gilt vor allem an Schulen, an denen die große Mehrheit der Schüler einen Migrationshintergrund hat. Experte Liebig sprach von einer "fast toxischen Mischung", da die zugewanderten Eltern dort meist selbst eine niedrige Bildung hätten.
Gesamtgesellschaftliche Folgen
Auch auf dem Arbeitsmarkt gebe es bei den Nachkommen noch eine erhebliche Lücke, besonders im öffentlichen Sektor. Die Integration der Kinder sei der "Lackmustest", sagte Liebig. Die Integrationsbeauftragte forderte weitere Anstrengungen in der Bildung. "Diesen Bereich zu stärken, kommt am Ende der ganzen Gesellschaft zugute", sagte Widmann-Mauz.
Auch Aspekte wie Diskriminierung und die Einstellung zur Zuwanderung wurden untersucht. Demnach fühlen sich elf Prozent der Zugewanderten in Deutschland diskriminiert, was weniger als im EU-Schnitt ist. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen Menschen aus EU- und aus Nicht-EU-Ländern. Umgekehrt hat sich die Ansicht in der Gesamtbevölkerung verbreitet, dass Deutschland durch Zuwanderer zu einem besseren Lebensort werde. Im Zuge des Flüchtlingszuzugs hat jedoch die Zustimmung zu einer großzügigen Prüfung von Asylanträgen abgenommen.
Für OECD-Experte Liebig ergibt sich bei der Integration insgesamt ein relativ positives Bild, "auch wenn noch Luft nach oben ist". Widmann-Mauz sagte: "Wir sind ein integratives Land, das seine Stärken auch dieser Vielfalt verdankt." Daher sei es umso wichtiger, die Trennung in "Wir" und "Die" so nicht hinzunehmen.