Ingo Brüggenjürgen (DOMRADIO.DE-Chefredakteur): Sie sind Gemeindeleiterin. Wie funktioniert das in der Schweiz?
Dorothee Becker (Gemeindeleiterin im Bistum Basel): Das geht nicht nur in der Schweiz, sondern auch woanders in der katholischen Kirche. Nach Canon 517 des Kirchenrechts kann die Gemeindeleitung dann einem Nicht-Priester übertragen werden, wenn kein Priester zur Verfügung steht. Allerdings mit einem leitenden Priester mit dabei. Ich mache das jetzt seit November letzten Jahres.
Brüggenjürgen: Welche Erfahrungen machen Sie als Gemeindeleiterin? Wird das von der Gemeinde akzeptiert?
Becker: Das auf jeden Fall. Ich bin nicht vom Bischof in diese Gemeinde bestellt oder versetzt worden. In der Schweiz ist es so, dass die Pfarreiangehörigen, eine Kommission oder ein Ausschuss den Leiter, die Leiterin oder auch den Pfarrer wählt.
Brüggenjürgen: Ist diese größere Mitbestimmung der Gemeinde ein Vorteil?
Becker: In vielen Fällen ist die Zufriedenheit größer. Es wird nicht einfach jemand vom Bischof bestimmt, sondern man weiß, dass das ein demokratischer Prozess ist und die Leute aus der Pfarrei daran mitwirken.
Brüggenjürgen: Sie bieten als Gemeindeleiterin auch Kommunionfeiern an. Gibt das keine Probleme?
Becker: Das ist hier in der Schweiz inzwischen etabliert, weil wir viele Pfarreiseelsorgenden haben, die keine Priester sind und Kommunionfeiern anbieten. Das wird gut angenommen.
Brüggenjürgen: Was unterscheidet die Kirche in der Schweiz von unseren deutschen Gemeinden?
Becker: Ein ganz großer Unterschied ist sicher, dass die Kirchensteuer, die in der Schweiz eingezogen wird, bei den Kirchgemeinden bleibt. Sie wird nicht vom Bischof eingezogen, sondern von uns. Die Kirchgemeinden vor Ort haben sehr viel mehr Macht – weil sie auch das Geld haben.
Brüggenjürgen: Wo finden Sie selbst Kraft, neuen Mut und wo können Sie Ihre Glaubens-Batterie wieder auftanken?
Becker: Halt finde ich vor allem in zwischenmenschlichen Beziehungen, in Menschen, die mich unterstützen und begleiten. Halt finde ich aber auch in der Spiritualität, in Exerzitien nach Ignatius, die ich regelmäßig mache. Da kann ich mich verwurzeln: Wo komme ich her? Auf welchem Grund stehe ich? Wie kann ich dann das, wofür ich hier beauftragt bin, weitergeben?