"Uns Bonnern, die wir als Hüter der gemeinsam geweihten Stätte zurückbleiben, wird die Erinnerung an den ganzen Verlauf dieses hehren Festes der Kunst noch lange die Seele erwärmen." In hohem Tone preist der Bonner "General-Anzeiger" im Mai 1893 ein besonderes Ereignis: Die Eröffnung des Geburtshauses von Bonns größtem Sohn, Ludwig van Beethoven, als Ausstellungsstätte. Damit begann die Geschichte eines der meistbesuchten Musikermuseen der Welt.
Jedes Jahr streifen rund 100.000 Gäste über die knarrenden Dielen der "Bonngasse No. 20". Um die Dauerausstellung neu zu konzipieren, war das schlichte Bürgerhaus im Herzen Bonns für einige Monate geschlossen, bevor es im September wieder öffnete. In Gänze wird der Komplex aber erst am Montag, zum Auftakt der Feiern zu Beethovens 250. Geburtstag, präsentiert. Dabei war das Haus selbst einst sogar vom Verfall bedroht.
"Ich möchte namens des preußischen Kunst- und Unterrichtsministeriums allen danken, die sich dieses Hauses und seiner Erhaltung angenommen haben", sagte Kultusminister Robert Bosse bei der Eröffnung am 10. Mai 1893 in den engen Räumen des Beethoven-Hauses. Von draußen tönten festliche Fanfarenklänge, Flaggenschmuck wies den Weg zu dem Haus, "in dessen äußerstem Dachstübchen der Titane geboren wurde", wie die Lokalpresse schrieb. Bei dem "erhebenden Weiheakt" kamen Werke des Meisters auf Originalinstrumenten zu Gehör. Hofschauspieler Emil Milan rezitierte den Prolog "Beethovens Haus" von Ernst von Wildenbruch.
Haus als Gedenkstätte
Initiiert wurde die Feier von zwölf beherzten Bonner Bürgern, die am 24. Februar 1889 mit dem Erwerb des Hauses für 57.000 Mark den Beethoven-Verein gegründet hatten. Ihr Ziel: Das vom Verfall bedrohte Gebäude zu restaurieren, es als Gedenkstätte einzurichten und Erinnerungsstücke an den großen Musiker zu sammeln. Denn obwohl seine Vaterstadt sich stolz zeigte auf den vermutlich am 16. Dezember 1770 geborenen und einen Tag später getauften Beethoven - um sein Geburtshaus scherte man sich kaum.
Nachdem die Beethovens das Haus nicht mehr bewohnten - Ludwig hatte Bonn 1792 für immer verlassen -, hatte es häufig den Besitzer gewechselt. Zuletzt befanden sich dort ein Kaufladen und eine "Schenkwirtschaft mit einer Singhalle niedrigster Art". Vor allem diese trieb die Bürger zur Gründung des Vereins, als dessen Ehrenpräsident der Komponist und Geiger Joseph Joachim (1831-1907) gewonnen wurde. Zu den Ehrenmitgliedern zählten Reichskanzler Otto von Bismarck und General-Feldmarschall Graf Moltke, die Musiker Johannes Brahms, Max Bruch, Clara Schumann, Giuseppe Verdi sowie der Maler Adolf Menzel.
Umbaumaßnahmen zum Jubiläumsjahr
Heute präsentiert das Beethoven-Haus, das neben dem Museum ein Archiv als musikwissenschaftliche Forschungsstelle, eine Bibliothek, einen Museumsshop sowie den Kammermusiksaal umfasst, die weltweit bedeutendste Beethoven-Sammlung - von seinen Hörrohren bis zur Originalhandschrift der "Pastorale". Mit den Umbaumaßnahmen zum Jubiläumsjahr, die laut Direktor Malte Boecker rund 3,5 Millionen Euro kosteten, ging auch eine Erweiterung von 550 auf rund 900 Quadratmeter einher. Neu sind Seminarräume, eine "Schatzkammer" mit Autographen und ein Museumscafe.
Den Besuchern solle eine "erlebnisorientierte und emotionale Begegnung mit Beethoven ermöglicht werden", so das Museum. Dazu gebe es Themenkreise wie Beethovens Freundeskreis oder sein Alltag. Zu den Neuerungen zählt auch ein Diorama im Erdgeschoss, ein Klangzimmer, in dem frühe Werke des Meisters zu hören sind, und die Inszenierung des Geburtszimmers als "poetischer Ort". Für die Besucher, von denen etwa 60 Prozent aus dem europäischen Ausland, den USA, China und Japan kommen, sind Mediaguides in verschiedenen Sprachen sowie für Kinder, Seh- oder Hörgeschädigte verfügbar.
Im Jubiläumsjahr sind zudem internationale Forschungstagungen, 73 Konzerte und die Ausstellung "Beethoven - Welt.Bürger.Musik" in der Bundeskunsthalle geplant. Zur offiziellen Neueröffnung des Beethoven-Hauses gibt es einen Festakt am 16. Dezember - dem 249. Geburtstag seines Namensgebers.