"Christians For Future" wollen mehr Klima-Einsatz der Kirche

Kirche muss "unbequem werden"

Die Kirchen sollen deutlicher ihre Stimme beim Thema Klima erheben - das ist eine zentrale Forderung der "Christians For Future"-Bewegung, die an diesem Donnerstag an vielen Orten ihre Forderungen an kirchliche Verantwortliche übergeben hat.

Die Ortsgruppe Berlin der Christians for future übergibt ihre Forderungen an die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg / © Christians For Future Berlin & Brandenburg (privat)
Die Ortsgruppe Berlin der Christians for future übergibt ihre Forderungen an die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg / © Christians For Future Berlin & Brandenburg ( privat )

DOMRADIO.DE: Es sind zwölf Forderungen bezüglich Klimagerechtigkeit und Klimaschutz, die Sie an die christlichen Kirchen in Deutschland haben. Worum geht es in diesen Forderungen zentral?

Claudia Schwegmann (Theologin und Umweltaktivistin bei "Christians For Future"): Wir haben die Forderungen eingeteilt in drei Blöcke. Der erste Block beinhaltet, dass die Kirche stärker, sichtbarer, lauter und mutiger auftritt in der klimapolitischen Debatte in unserer Gesellschaft. Die ganzen Stellungnahmen der katholischen und evangelischen Kirche sind seit vielen Jahren schon da, die Stellungnahmen zum Thema Schöpfung, zum Thema Klima.

Jetzt geht es darum, dass die Kirche diese Stellungnahmen auf der Basis der christlichen Werte noch viel mutiger auch in der Öffentlichkeit vertritt und sicherstellt, dass sie auch in der öffentlichen Debatte gehört werden. Das ist der erste Block und da geht es auch natürlich um die Unterstützung der Klimabewegung und der For-Future-Bewegung.

Beim zweiten Block geht es um das Handeln innerhalb der Kirchen. Da fordern wir, dass die Kirchen in ihren Institutionen bis 2030 klimaneutral werden. Es geht da um Themen wie die Personalausstattung der Diözesen, es geht um Divestment der Finanzmittel, es geht um das Management der Landflächen und um um andere Fragen, zum Beispiel, wie konkret die Kirchen auch glaubwürdig sein können in ihrem Handeln in der Klimagerechtigkeit.

Der dritte Block ist auch sehr wichtig aus unserer Sicht. Da geht es darum, dass innerhalb der Kirchen, bei den Gläubigen ein Bewusstseinswandel stattfindet zum Thema Klimagerechtigkeit und Klimakrise. In unserer Wahrnehmung gibt es immer noch sehr viele Katholikinnen und Katholiken, für die ihr eigener Glaube gar nichts zu tun hat mit Klima und Klimagerechtigkeit. Und das ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel.

Wichtig ist aber vor allem, dass die Kirche im ersten und im dritten Block ihre Möglichkeiten nutzt, um als Stimme in der Gesellschaft wahrgenommen zu werden und um die Gläubigen auch auf dieses Thema nochmal hinzuweisen.

DOMRADIO.DE: Mit Ihren Forderungen wollen Sie ja als "Christians For Future" Großes bewirken. Wie viel Unterstützung bekommen Sie denn hier?

Schwegmann: Wir haben 33 Teams im ganzen Bundesgebiet, die uns unterstützen. Wir haben natürlich von den Gruppen Fridays, Students und den Parents for Future Unterstützung. Das heißt, wir haben die starke For-Future-Bewegung hinter uns. Außerdem erhalten wir sehr viel Zuspruch auch von Verbänden, von den katholischen Jugendverbänden, beispielsweise die KLJB Bayern hat sich hinter unsere Forderungen gestellt.

Aber wir haben auch über 80 namhafte Personen innerhalb der Kirchen, innerhalb der Wissenschaft, die unsere Forderungen unterstützen. Von daher haben wir den Eindruck, dass wir sehr viel Unterstützung bekommen. Wir haben im Vorfeld auch viel mit Umweltreferenten und -referentinnen der Diözesen gesprochen. Und auch da erleben wir eigentlich sehr viel Zuspruch für diese Kampagne.

DOMRADIO.DE: Das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung visiert ja aktuell eine Klimaneutralität bis 2045 an. Welche Rollen spielen denn die Kirchen in Deutschland, damit möglichst zeitnah Klimaneutralität erreicht werden kann?

Schwegmann: Da würde ich zurückkommen auf unseren ersten Block der Forderungen: Natürlich ist es wichtig, dass die Kirchen auch selber klimaneutral werden, aber im großen Ganzen der Gesellschaft wird es uns natürlich nicht retten, wenn alle Kirchen bis 2030 klimaneutral werden. Da ist es sehr viel wichtiger, dass die Kirchen die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger ermahnen, die selbstgesetzten Ziele auch zu erreichen.

Und da, denke ich, ist eine sehr wichtige Rolle der Kirche, den Dialog zu führen - auf Bundesebene, aber auch auf Landesebene und auf lokaler Ebene und den Entscheidungsträgern zu sagen: Ihr habt euch zu dem Pariser Klimaschutzabkommen verpflichtet. Was tut ihr jetzt, um diese Verpflichtung einzuhalten und wie lebt ihr eure politischen Werte auch in dieser Fragestellung?

DOMRADIO.DE: Was ist denn Ihre Erwartung, wie die Leitenden der Kirchen auf ihre Forderungen reagieren werden?

Schwegmann: Das ist eine interessante Frage. Also, wir haben bei vielen Personen, in vielen Vorgesprächen gehört: 'Ihr rennt offene Türen ein!' Das freut uns natürlich einerseits. Andererseits beunruhigt uns das auch, weil wir denken: Dann habt ihr uns nicht verstanden. Es geht eben nicht darum, dass wir jetzt ein bisschen mehr machen und ein bisschen stärker uns engagieren zum Thema Klimagerechtigkeit.

Wir brauchen wirklich einen Sprung und wir brauchen wirklich, dass die Kirchen aus der Komfortzone rauskommen und auch in der öffentlichen Debatte unbequem werden. Und unsere Hoffnung ist, dass durch unsere Kampagne, die Diskussion zur eigenen Rolle in der Gesellschaft noch mal sehr viel stärker angeregt wird und auch die Kirchenleitungen den Mut fassen, sich auch zu positionieren, zum Beispiel mit Klima-Streik zu gehen und auch die Gläubigen zum Klima-Streik aufzurufen.

Oder die Stellungnahme, die die Bischofskonferenz und die EKD zu den Wahlen am 1. September veröffentlicht haben, die nochmal prominenter zu kommunizieren, auch in die Kirchen hinein, so dass einfach sehr viel mehr Sichtbarkeit zur Rolle der Kirche in der Frage der Klimagerechtigkeit entsteht.

Das Interview führte Julia Reck.


Quelle:
DR
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