Dies teilte das Erzbistum Berlin am Mittwoch mit. Das Berliner Kirchengericht hatte den Angeklagten im Dezember wegen Missbrauchs an Minderjährigen in acht Fällen schuldig gesprochen. Das Bistum Hildesheim, dessen Klerus Peter R. bislang angehörte, kündigte an, in Absprache mit Betroffenen 20.000 Euro für ein Projekt zur Aufarbeitung der Geschehnisse im Canisius-Kolleg zu zahlen.
Verjährung aufgehoben
Wie das Erzbistum Berlin erklärte, dürfte "die Dunkelziffer seiner Missbrauchstaten durchaus höher liegen". Die meisten davon seien in den 1970er-Jahren am Canisius-Kolleg in Berlin geschehen, wo der Verurteilte als Lehrer tätig war. Zur Verfolgung dieser Straftaten hatte die Glaubenskongregation in Rom die Verjährung aufgehoben. Bei schweren Vergehen von Priestern und Diakonen ist die Entlassung aus dem Klerikerstand im katholischen Kirchenrecht die Höchststrafe.
Allerdings habe der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer dafür Sorge zu tragen, dass Peter R. die zum Leben unverzichtbare finanzielle Unterstützung erhalte.
Für die von einigen Betroffenen erhobene Schadensersatzklage wurde die Verjährung nicht aufgehoben. Das Berliner Gericht empfahl in seinem Urteil gleichwohl, die zur Errichtung eines Hilfsfonds geforderte Summe von 20.000 Euro ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zu zahlen.
Das Bistum Hildesheim erklärte, der Empfehlung nachzukommen; das Geld solle "als Unterstützung und zur Prävention von sexualisierter Gewalt dienen". Es handele sich dabei aber nicht um Zahlungen in Anerkennung des Leids, wie sie in den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz vorgesehen sind.
Reaktionen aus Kirchenkreisen
Wilmer erklärte, der Fall Peter R. sei "ein mehr als abschreckendes Beispiel dafür, wie es im Umgang der Kirche mit sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch in ihrem Verantwortungsbereich niemals hätte laufen dürfen". Es bleibe die "bittere Erkenntnis", dass die Kirche über Jahrzehnte viel zu wenig getan habe, um Peter R. zu Verantwortung zu ziehen und um Menschen vor dessen sexuellen Übergriffen zu schützen.
Der Sprecher der Opfer-Initiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, zeigte sich erleichtert über den Verfahrensabschluss: "Immerhin neun Jahre haben wir darauf gewartet und - vor allem - dafür gekämpft." Katsch kritisierte die kirchenrechtlichen Regeln für Missbrauchs-Verfahren; so fehle ein Status der Betroffenen als Opfer einer Straftat.
"Es ging immer nur um die Verletzung der Kirche und ihrer Regeln durch den ehemaligen Priester - nicht um uns." Die Opfer seien nur als Zeugen gehört worden. "Der Versuch, uns durch eine Nebenklage zu beteiligen, wurde mit fragwürdigen Begründungen durch die Glaubenskongregation in Rom vereitelt", so Katsch, der nach eigenen Angaben von Peter R. missbraucht wurde.
Der deutsche Jesuitenprovinzial Pater Johannes Siebner erklärte: "Die Causa Peter R. beschämt uns, weil an ihr deutlich wird, dass der Orden in der Vergangenheit versagt hat und nicht rechtzeitig dafür gesorgt hat, dass der Täter zur Rechenschaft gezogen wird." Der Fall werde für den Orden "eine bleibende Verpflichtung sein, alles für den Kinderschutz zu tun".
Als Lehrer am Jesuitengymnasium Canisius-Kolleg hatte Peter R. in den 1970er und 1980er Jahren Schüler missbraucht, ohne dass der Jesuitenorden Hinweisen darauf nachging. Der Orden versetzte ihn 1982 ins Bistum Hildesheim, wo R. bis 1989 Dekanatsjugendseelsorger war.
Anschließend wurde er bis zu seiner Pensionierung 2003 als Gemeindeseelsorger in Hildesheim, Wolfsburg und Hannover eingesetzt.
1995 hatte er den Jesuitenorden auf eigenen Wunsch verlassen und war als Priester in das Bistum Hildesheim aufgenommen worden.