Der Schlaf spielt auch in der Religion eine wichtige Rolle

Göttlicher Zustand?

Die Tage werden wieder länger, aber der Frühling ist noch nicht in Sicht. Der ideale Zeitpunkt für einen Winterschlaf, mag sich mancher denken. Die Vorstellungen vom Schlaf haben sich im Lauf der Zeit gewandelt.

Autor/in:
Paula Konersmann
Jesus mit den schlafenden Aposteln / © Burkhard Jürgens (KNA)
Jesus mit den schlafenden Aposteln / © Burkhard Jürgens ( KNA )

"Button sleep around your body like a glove", schreibt "Doors"-Sänger Jim Morrison in einem seiner bekanntesten Gedichte, "knöpfe den Schlaf um deinen Körper wie einen Handschuh". Eine verlockende Vorstellung für jemanden, der sehr müde ist - gerade jetzt in der kalten Jahreszeit, auch wenn es im Gedicht weiter heißt, der Schlaf mache "frei, um im strömenden Sommer zu zerfließen".

Wie Menschen schlafen, zu welchen Zeiten und zu welchem Zweck, unterscheidet sich je nach Region und Epoche. Die heutige "Wachheitsgesellschaft", wie es die Kulturwissenschaftlerin Karoline Walter nennt, ist historisch betrachtet eher ein junges Phänomen. Teils aus praktischen Gründen: Helle Wachskerzen konnten sich über Jahrhunderte nur wohlhabende Menschen leisten.

Schlaf in der Bibel

Erst ab dem 18. Jahrhundert verbreiteten sich künstliche Lichtquellen, zunächst Gaslaternen, später dann elektrische Beleuchtung, wie Walter in ihrem Buch "Guten Abend, gute Nacht" schildert. Den Erfinder der Glühbirne, Thomas Edison, nennt die Autorin indes den "Schlaffeind Nr. 1" - nach eigener Aussage hat der Amerikaner niemals mehr als fünf Stunden geschlafen.

Die Bewertung von Schlaf fällt schon in der Bibel ambivalent aus. "Im Christentum und anderen monotheistischen Religionen gibt es einen omnipräsenten und allmächtigen Gott, der sich einen Moment der Schwäche oder Unaufmerksamkeit nicht leisten kann", erklärt Walter im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Als vollkommenes Wesen brauche Gott keinen Schlaf - und der Mensch, das Mängelwesen, soll sich diesem Ideal zumindest annähern.

Walter verweist auch auf die Szene im Garten Gethsemane, wo Jesus sein Jünger bittet, in der Nacht vor seiner Kreuzigung mit ihm zu wachen. Dass sie trotzdem einschlafen, sei "ein Zeichen von Missachtung". In der Bibel sei der Schlaf also "alles andere als ein göttlicher Zustand", so die Autorin.

"Klarheit im Glauben"

Andererseits spielten Träume in der Bibel eine wichtige Rolle: "Engel überbringen in Träumen göttliche Botschaften, Schlafende gewinnen Klarheit im Glauben." In anderen Kulturkreisen sieht der Umgang mit dem Schlaf noch einmal anders aus, erklärt die Expertin. Spirituelles Ziel etwa des Buddhismus sei nicht die Auferstehung, sondern der Austritt aus dem Kreislauf der Wiedergeburten. Dadurch sei insbesondere der Tiefschlaf von religiösem Interesse - "durch die Abwesenheit allen Wollens ähnelt er dem Nirwana".

Verlockend erscheint der Schlaf vor allem demjenigen, der keine Ruhe findet. Laut dem Chronobiologen Till Roenneberg ist die Gesellschaft "chronisch übermüdet". Dem Magazin "Hohe Luft" sagte er: "Wir leben heutzutage in einem Dauerdämmerlicht - tagsüber sind wir in Gebäuden ohne Tageslicht, nachts hingegen ersetzen wir die Dunkelheit mit elektrischem Licht". Dadurch hinke die innere Uhr der sozialen Taktung hinterher: "Wir können nur noch spät einschlafen, müssen aber früh raus."

Einschlafpodcasts und "klassische Tipps"

Kein Wunder, dass zahlreiche Apps und Gadgets beim Entspannen helfen sollen. Ähnlich verbreitet wie das Lesen sind heutzutage Podcasts, die von den eigenen Gedanken ablenken. Der "EinschlafenPodcast" etwa bietet laut Eigenbeschreibung "langweilige Texte und ruhige Stimme". Er gilt als einer der beliebtesten Podcasts der Deutschen.

Expertin Walter sieht die "klassischen Tipps" für besseren Schlaf als durchaus sinnvoll an, etwa die Verbannung von Licht und Lärm aus dem Schlafzimmer. Sie warnt jedoch vor einer zu starken Funktionalisierung von Schlaf. "Smarte Stirnbänder oder Fingerringe zeichnen etwa die Herzfrequenz auf, wecken den Nutzer schonend oder sollen mit Schallwellen zu einem möglichst tiefen Schlaf beitragen.

All das kann die Erwartung verstärken, dass Schlaf zu funktionieren hat - und dazu führen, dass jede Abweichung pathologisiert wird." Hilfreicher sei ein veränderter Umgang mit dem Schlaf, so Walter. "Wer nicht schlafen kann, tut sich beispielsweise mit dem ständigen Blick auf die Uhr keinen Gefallen. Der führt eher dazu, dass man sich immer größere Sorgen darüber macht, wie wenig Schlafenszeit noch übrig ist. Sinnvoller ist es, auch eine solche Situation so anzunehmen, wie sie ist, ohne sie zu bewerten."


Quelle:
KNA