DOMRADIO.DE: Die Erlöserkirche in Köln-Weidenpesch ist mit dem Kölner Architekturpreis 2024 ausgezeichnet worden. Was bedeutet Ihnen dieser Preis?
Pfarrer Markus Zimmermann (Pfarrer der Evangelischen Begegnungsgemeinde in Köln Weidenpesch): Diese Auszeichnung hat uns sehr gefreut. Es ist für uns, die wir ja sehr viel Zeit und Mühe investiert haben, um dieses schöne Gebäude mit einem hervorragenden Architekten zu errichten, eine Genugtuung. Es ist eine große Freude, diesen Preis zu bekommen, vor allem weil es ein nicht-kirchlicher Preis ist.
Es passiert das, was wir wollten, nämlich ein Teil im Stadtviertel und darüber hinaus zu sein. Wir wollten in die Gesellschaft und in dieses Viertel hinein strahlen. Das ist mit diesem Preis auch anerkannt worden.
DOMRADIO.DE: Was hat diesen Neubau, der 2022 eröffnet worden ist, notwendig gemacht?
Zimmermann: Wir hatten hier am Standort einen Vorgängerbau von 1951 aus Trümmersteinen errichtet. Der war absolut nicht barrierefrei und wirklich in die Jahre gekommen. Wir hatten in Mauenheim noch ein Zentrum aus den 1960er Jahren, die Phillip-Nicolai-Kirche mit Kita und Pfarrhaus. Aber die Gemeinde wurde kleiner und uns war bewusst, dass wir das auf Dauer nicht stemmen können. Die Gebäude kosten auch zu viel.
So entstand zunächst der Gedanke, die Kita hier neu zu errichten, weil das Außengelände in Mauenheim auch nicht mehr den Vorschriften entsprach. Aber dann waren wir schnell bei der kühnen Idee, dass wir uns mit einem Zentrum noch einmal ganz neu aufstellen. Es sollte natürlich Kirchraum sein, Gottesdienststätte, und auch Gemeinderäume haben.
Aber wir wollten mehr, nämlich zeigen, dass wir hier mitten in der Welt sind. Deswegen haben wir uns dazu entschlossen, unsere Kita zu vergrößern und vor allem Wohnungen zu bauen. Wir haben neun Wohnungen, in denen ganz unterschiedliche Menschen wohnen: Familien, Singles, Ältere, Jüngere – das ist wunderbar gelungen.
DOMRADIO.DE: Was gefällt Ihnen besonders an dieser Kirche?
Zimmermann: Ich finde es architektonisch absolut gelungen. Ich liebe diesen Gottesdienstraum, weil er ästhetisch sehr schön ist. Er ist hell, modern und einladend. Es kommen immer wieder Menschen hierhin, um sich das anzuschauen. Vor allem ist es aber auch ein Zeugnis für uns als Kirche. Kirche lebt weiter, sie muss sich aber auch verändern, so wie wir das versucht haben.
DOMRADIO.DE: Seit zwei Jahren existiert diese Kirche und wird auch für Gottesdienste genutzt. Wie feiert sich hier Gottesdienst?
Zimmermann: Hier feiert nicht der Pfarrer oder die Pfarrerin mit der Gemeinde, hier feiern wir alle zusammen. Deswegen steht auch der Altartisch in der Mitte und die Taufschale ist in den Altar integriert. Auch durch die Sitzordnung haben wir das Gefühl, hier feiert eine Gemeinschaft und das ist ein ganz neues Gefühl.
Es ist nicht mehr dieses Frontalunterricht-Modell, was es in vielen Kirchen gibt. Das nimmt die Gemeinde sehr gut an. Wir machen die Erfahrung, dass die Menschen auch die Plätze wechseln, neue Perspektiven suchen und sich wohlfühlen.
DOMRADIO.DE: Würden Sie sagen, so ein Gemeindezentrum wie an der Erlöserkirche kann auch ein Vorbild für die katholische Kirche sein?
Zimmermann: Auf jeden Fall, um Dinge zu integrieren, etwa Wohnen, Gemeinde und Leben. Wir Protestanten sind vielleicht ein bisschen mutiger, stehen natürlich auch vor Herausforderungen und müssen uns verändern. Aber es gibt gerade hier in Köln katholische Kirchengebäude, zum Beispiel die romanischen Kirchen, wo das schlichtweg nicht geht. Die strahlen bis heute für sich.
Aber auf die katholischen Gemeinden mit den Gebäuden aus den 60er und 70er Jahren kommen diese Aufgaben sicher auch noch zu, ob man das will oder nicht. Es ist immer mit Abschied verbunden. Das ist auch nicht einfach.
Wir haben versucht, die Gemeinde von Anfang an immer transparent mitzunehmen. Wir haben die Abschiede auch intensiv begangen, mit jeweils einem Wochenende, an dem viele Erinnerungen ausgetauscht worden sind. Der Vorteil hier in der Gemeinde war, dass es nicht nur einen Abbruch gab, sondern auch ein Neuanfang anstand. Das hilft natürlich sehr. Das empfehle ich auch anderen Gemeinden, auf ein positives Ziel hin zu steuern.
Das Interview führte Alexander Foxius.