DOMRADIO.DE: Was ist denn das für ein besonderes Krippenspiel? Erzählen Sie mal, worum geht es da?
Fritz Delp (Pfarrer der evangelischen Luthergemeinde Worms): Wir sagen “Nein zu Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit” und sprechen dann im Wechsel eine Sprechfolge von verschiedenen Zitaten von Hannah Arendt bis hin zu unserem Bundespräsidenten Steinmeier. Auch Bibelzitate sind dabei, die belegen, dass Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus keine Möglichkeit in unserer Gesellschaft, in unserem Land, sind.
DOMRADIO.DE: Das heißt, es ist kein gewöhnliches Krippenspiel mit einer Geschichte, die vorgespielt wird?
Delp: Nein, das ist es nicht. Es nennt sich auch alternatives Krippenspiel und wir führen das jetzt schon seit fünf Jahren auf.
DOMRADIO.DE: Was hat die Stadt denn dagegen plötzlich?
Delp: Plötzlich meint die Stadt, es wäre eine unerwünschte politische Aktion, die den Frieden auf dem Weihnachtsmarkt störe. Man muss dazu sagen: Wir wurden bestärkt in unserem Inhalt von einer kleinen Vorgeschichte. Vor einigen Tagen hat die NPD eine Bude auf dem Weihnachtsmarkt für einen Tag gemietet, um dort Propagandamaterial für den sogenannten Tag der deutschen Zukunft, dem sie furchtbarer Weise im nächsten Jahr in Worms verbringen wollen, zu verteilen. Und da haben wir gemerkt, wie brisant, wie aktuell dieses Thema ist. Das hat uns bestärkt, dass in dieser Form zu machen.
DOMRADIO.DE: Die Stadt hat also was dagegen. Was sind jetzt die Reaktionen der anderen Leute auf diesen Disput?
Delp: Bisher habe ich nur positive Rückmeldungen bekommen, sei es von Stadträten, sei es von benachbarten Gemeinden oder auch von übergemeindlichen Institutionen. Auch unsere Landeskirche hat inzwischen dazu geäußert und uns ganz klar unterstützt.
DOMRADIO.DE: Die Stadt hat ein Bußgeld angedroht, wenn das Krippenspiel noch einmal aufgeführt werden sollte. Morgen steht es eigentlich auf dem Plan. Jetzt ist die Frage: Wird es trotzdem aufgeführt oder nicht?
Delp: Ja, natürlich. Wir lassen uns nicht einschüchtern! Wir warten ab, wie die Reaktion sein wird. Inzwischen hat die Stadt durch ihre Reaktion dafür gesorgt, dass wir ein bundesweites Medienecho erfahren, und dass wird dann auch morgen auf dem Weihnachtsmarkt präsent sein. Und wir werden unser Krippenspiel da aufführen. Das ist eine kirchliche Veranstaltung, die ist wieder Antrags- noch Genehmigungspflichtig.
DOMRADIO.DE: Warum ist es denn gerade jetzt in der Weihnachtszeit, so wichtig, Flagge zu zeigen und hier ein Statement zu setzen?
Delp: Es ist deshalb so wichtig, weil die Stadt Worms den Weihnachtsmarkt in einer Marketingaktion umbenannt hat in Nibelungen-Weihnacht. Und da muss man sich dann nicht wundern, wenn sich genau die Gruppen, die sich auf diese Traditionen berufen, das ausnutzen wollen und sich da niederlassen. Und dem wollen wir entgegenwirken.
Das Interview führte MIchelle Olion.