Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Brüder im Dauernebel

Im Bistum Münster haben die Bischöfe über Jahrzehnte reihenweise versagt. Wie auch in anderen Bistümern haben sie immer und zuerst ihre "Heilige Kirche" geschützt. Ihre geweihten Priester, selbst wenn diese schwerste Verbrechen begingen. Ja – selbst Serientäter, die ihre minderjährigen Opfer gleich mehrfach sexuell missbrauchten, wurden bewusst der Strafverfolgung entzogen. Es wurde verschwiegen und vertuscht. Bis in die jüngste Vergangenheit oft nie die ganze Wahrheit gesagt. Die Betroffenen hatte man nie – oder viel zu wenig im Blick. Brüder im Dauernebel! Aber auch das kirchliche Fußvolk hat oft und viel zu lange weggesehen. Blinder Klerikalismus auch von unten!

Doch gerade das oberste Management der Kirche, Kirchenmänner mit Rang und Namen, haben gelogen und zu lange geschwiegen, wo sie hätten laut aufschreien müssen. Ob in Münster, Köln, München, Aachen, Berlin ... – wieder wird ein trauriges Totalversagen des Systems deutlich. Reicht es da aus, wenn Bischöfe und Kardinäle dem Papst den Rücktritt anbieten – dieser aber ablehnt oder sich nicht unter Druck setzen lassen will?

Nicht ein einziger Bischof in Deutschland ist wegen des Missbrauchsskandals, der zum Himmel schreit, aus seinem Amt gegangen. Im fehlerhaften System Katholische Kirche können Bischöfe dem Papst ihren Rücktritt nur anbieten oder vom Papst darum gebeten werden. Mehr geht nicht - oder doch? Ganz am Ende sind auch Bischöfe einzig und alleine ihrem Gewissen und Gott gegenüber Rechenschaft schuldig. Es wäre daher schon möglich, dass ein Bischof seine Mitra absetzt und signalisiert: "Ich habe verstanden - es tut mir unendlich leid. Ich übernehme Verantwortung! Persönlich - und für meine Kirche. Ich will Euer Bruder sein, im Licht Gottes." 

Ingo Brüggenjürgen, Chefredakteur

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