Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Urteil mit Signalwirkung

In dieser Woche hat das Kölner Landgericht eine wegweisende Entscheidung getroffen: 300.000 Euro Schmerzensgeld muss das Erzbistum Köln an einen Missbrauchsbetroffenen zahlen. Ein Priester hatte Anfang der 70er Jahre einen jungen Messdiener über Jahre mehr als 300 mal sexuell missbraucht. Der Täter ist inzwischen verstorben, aber das Gericht sieht das Erzbistum in der Amtspflicht. Wer sich nur ein wenig mit der langen Leidensgeschichte des Betroffen befasst, kommt nicht auf die Idee, dass das Gericht eine zu hohe Schmerzensgeldsumme festgelegt hat. Wenn keine Revision mehr eingelegt wird, gilt jetzt also eine Summe, die zwölf mal so hoch liegt, wie die freiwillige Zahlung, die der Betroffene von der Kirche als Anerkennung des Leides bereits erhalten hatte.

Das jetzt getroffene Urteil hat eine Signalwirkung, die weit über den Einzelfall und das Erzbistum Köln hinaus geht.

Signal Eins: Dadurch, dass das Erzbistum Köln und der Erzbischof von Köln beispielhaft auf den Einspruch der Verjährung verzichteten, konnte überhaupt erst Recht gesprochen werden. Andere Bischöfe und Bistümer werden sich in vergleichbaren Fällen nun kaum mehr wegducken können.

Signal Zwei: Die kirchlichen Zahlungen an Betroffene, die bis dato von der unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA )ermittelt wurden, gehören auf den Prüfstand. Die jetzt vom Gericht zugesprochene Zahlung gibt eine ganz neue Orientierung vor, an der eine finanziell gut aufgestellte Kirche neu Maßstab nehmen sollte. Da geht noch mehr!

Signal Drei: Kirche und Gesellschaft sehen, dass der Staat und seine Rechtsprechung sehr wohl auch beim Thema Missbrauch Lösungswege aufzeigen kann. Da geht also doch was, und da sollte zukünftig auch noch mehr gehen!

Abschließend bleibt die Hoffnung, dass viele Betroffene den Kraft und den Mut finden, ihr Recht einzuklagen. Hier können - nein hier müssen gerade Christen Mutmacher und Unterstützer werden. Dann geht hoffentlich zukünftig auch noch viel viel mehr.

Ingo Brüggenjürgen

Chefredakteur

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