Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Kleider machen Leute

"In zerrissenen Jeans um die Häuser ziehen ..." singt Helen Fischer seit Jahren sehr erfolgreich. "Mit zerrissener Jeans in die Schule gehen..." soll aber zukünftig nicht mehr möglich sein. Das fordert jedenfalls lautstark der Bundeselternrat. "Lottrige, zerrissene oder freizügige Kleidung" soll im Klassenzimmer nicht mehr geduldet werden. Ein Thema, über das man zugegebenermaßen vortrefflich streiten kann. Eltern, die morgens ihre Kinder zur Schule verabschieden, wissen oft ein Klagelied davon zu singen. Entweder die eigenen Kinder fordern teure Markenklamotten, damit sie auch dazugehören oder die Eltern haben schon am frühen Morgen die Grundsatzdiskussion, warum man im Sommer eine Pudelmütze braucht. Als ich zur Schule ging, war das Tragen von militärgrauen Parkern in der Schule der Super-Aufreger. Es gibt also nichts Neues unter der Sonne. 

Vielleicht sollten sich die Bundeselternvertreter daher doch stärker um die Lerninhalte im Unterricht und um fehlende Lehrkräfte bemühen, damit der eigene Nachwuchs gut aufs Leben vorbereitet wird. Ein Dresscode hilft da nur bedingt. Klar, Kleider machen Leute. Aber in Zeiten, wo in Kleiderkammern und an den Tafeln der Caritas Bedürftige Schlange stehen, haben wir vielleicht dringendere Probleme, als die Länge von bauchfreien T-Shirts oder die Löcher in Jeans zu bestimmen. Jesus selbst ist übrigens noch viel radikaler, wenn er fordert: "Ihr Kleingläubigen, fragt Euch doch nicht, was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? Euer Vater im Himmel weiß doch was ihr braucht! Euch muss es zuerst um Gottes Reich und seine Gerechtigkeit gehen. Alles andere wird Euch dazugegeben!" (Mt 6,31ff)

Ingo Brüggenjürgen
Chefredakteur

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