Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Es darf gerne ein wenig mehr sein

Wenn sich die 364 Delegierten der "Weltbischofs- und Laien- inklusive Frauen- Synode" am Sonntag im Petersdom zum großen Abschlussgottesdienst treffen, haben sie einen harten Sitzungsmarathon hinter sich. Aber noch einen viel längeren Weg vor sich. Den guten Willen und die Mühen der oft auch anstrengenden Beratungen kann man den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wirklich nicht absprechen. 

Im Mittelpunkt standen tagelange Treffen - wochenlange Beratungen - in denen man sich gegenseitig zugehört hat. Sich immer wieder neu um Verständnis bemüht hat. Gebet, Meditation - diese spirituelle Methode der Zusammenkunft an runden Tischen wurde von allen gelobt. Das offene Wort auch. Aber ob das reicht, um das wackelnde Kirchenschiff bei all den aktuellen Herausforderungen sicher voranzubringen? Wer beim Marathon immer kurz vor dem Besenwagen läuft, darf sich nicht wundern, wenn er irgendwann nur noch hinterherläuft und schließlich total abgehängt wird.

Es ist ohne Frage ein großer Schritt für meine Katholische Kirche, wenn Laien eine Stimme bekommen. Wenn eine kleine Minderheit - aber immerhin 54 Frauen Farbe und Bewegung in die alte Herrenrunde bringen. Aber ob es reicht, wenn "frei und offen" gesprochen werden konnte? 

Ja - ein großer Schritt für die Kirche - aber ein klitzekleiner, kaum wahrnehmbarer Schritt für die Gesellschaft. Die hat derweil genug andere Probleme und wundert sich, wenn die kirchlichen Entscheidungsträger ihrem Laden eine einmonatige "Synode über die Synodalität" verordnen. Da dürfte es nach Ansicht vieler gerne doch ein wenig mehr sein. Wer sich jahrelang im Reformstau ausgeruht hat, der hat hohen Aufholbedarf. Der muss mutiger die Nachfolge Jesu aufnehmen.

Gott sei Dank ist das Rennen noch nicht ganz gelaufen: Im Herbst 2024 steht die Schlussetappe der Synode an. Wenn die drängenden Reformfragen dort nicht wieder nur an runden Tischen besprochen werden, sondern auch mutig angegangen und beschlossen werden, könnte es am Ende immer noch heißen: Und die Kirche bewegt sich doch!

Ingo Brüggenjürgen

Chefredakteur

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