Im Pontifikalamt zur Eröffnung des Heiligen Jahres aus der Graukirche St. Ulrich und dem Hohen Dom zu Paderborn wirft Erzbischof Udo Bentz einen Blick auf unsere Realität und unsere Wirklichkeit: Den Krieg in Gaza, den Terror von Magdeburg, die Traumata des Terrors, die Nachrichten aus der Ukraine und wie „mit ungebremster Gewalt über die Weihnachtstage weitergekämpft wird“.
„Ist es dann nicht wie ein Anachronismus?“, fragt Bentz. Ob es nicht ein „trotziges: Jetzt erst recht“ sei, wenn Papst Franziskus an Heiligabend in Rom die Heilige Pforte durchschreitet, das Heilige Jahr eröffnet und sagt, dass dieses Jahr, ein Jahr der Hoffnung sein soll?
Eine Gesellschaft, die keine Kraft zur Hoffnung habe, so Bentz, habe auch keine Zukunft. „Eine Kirche, die nicht hofft, verfehlt ihre Sendung.“ Es brauche Hoffnungserfahrungen und Hoffnungsboten. Was es aber nicht braucht, ist „billigen Optimismus“, das wäre naiv.
Bentz greift in seiner Predigt die Worte des Chefredakteurs der Wochenzeitung Die Zeit Giovanni di Lorenzo auf, der in seinem dieswöchigem Leitartikel davon gesprochen habe, dass die Hoffnung, bzw. Zuversicht ursprünglich aus dem Gefühl gelebt hat von einer höheren Macht aufgehoben zu sein. Dies sei aber vorbei. In einer säkularen Zeit zieht man seine Zuversicht wohl aus der zurückrückliegenden Erfahrung, dass sich auch größte Schwierigkeiten lösen lassen.
Hoffnung sei aber mehr, sagt Bentz, Hoffnung vertraue nicht nur auf die eigenen Kräfte. Die Hoffnung der Christen baue auf beidem auf. Das Gottesvolk hätte über die Jahrtausende die Erfahrungen gemacht, dass Gott einen auch in der größten Not und im größten Leid nicht im Stich lässt. „Er heilt, er rettet, er geht mit durch die Zeit, er ermöglicht einen neuen Anfang, er gibt Kraft aufzustehen und weiterzugehen.“ Das sei die Urerfahrung derer die an den Gott Abrahams glauben.
Weil wir an einen Gott glauben, der durch Jesus Mensch geworden ist, und dem das Schicksal von uns Menschen folglich nicht egal ist, können wir uns tatsächlich von einer höheren Kraft geborgen fühlen.
Papst Franziskus hat veranlasst, im Heiligen Jahr in jeder Kathedrale ein Kreuz aufzustellen, um es in besonderer Weise zu verehren, zu zeigen und als Anlass zum Gebet zu nehmen. Das Kreuz, das in Paderborn aufgestellt wurde, ist eine außergewöhnliche Jesusdarstellung aus dem Mittelalter, um das Jahr 1050: Menschliche Züge inmitten des Leids. Dabei strahle es eine große Ruhe aus. Diese Ruhe könne auf den Betrachter übergehen. Dieses älteste Kruzifix des Erzbistums sei ein Zeichen dafür, dass man die Hoffnung aus der Erfahrung der vorangegangenen Generationen schöpfe.
Die Hoffnung setze die Menschen in Bewegung und lasse sie handeln und gestalten, so dass die Welt eine bessere wird. Dazu würden auch die Hoffnungsorte des Erzbistums Paderborn zählen, die für das Heilige Jahr geschaffen werden. Das seien Orte, an denen Hoffnung konkret erlebt und erfahren werde: Hoffnungsorte für junge Menschen in Hardehausen, für kranke in Marsberg, für Familien in Salzkotten, für Geflüchtete in Dortmund, für Gefangene in Werl, „und und und“.
Daran werde deutlich, dass Christen die Hoffnung nicht für sich selber tragen. „Wir sind keine Hoffnungsegoisten.“ Ein „Ich zuerst“, ein „Wir zuerst“ würde nicht in die Zukunft führen. Kurzfristig gebe das vielleicht Vorteile, zukunftsfähig wäre das aber nicht, auch nicht für die Kirche. Als Christen hoffe man gemeinsam mit allen und für alle.
Erzbischof Bentz nimmt die Sternsinger als Beispiel. Sie seien Pilger der Hoffnung. Sie hätten für Kinderrechte die Stimme erhoben, sie hätten ein Recht auf eine gute Zukunft. „Deswegen haben wir eine Pflicht für Hoffnung.“ Damit auch die zukünftige Generation eine Zukunft habe.
Persönlich erhoffe sich Bentz, dass man beim Blick auf das Paderborner Hoffnungskreuz, dass in der Kathedrale steht, ermutigt wird, in der geistlichen Grundhaltung der Hoffnung aufzubrechen und konkrete Schritte der Veränderung zu wagen, „auch wenn das wehtun wird und schmerzhaft sein wird“. Papst Franziskus habe zur Eröffnung des Heiligen Jahres gesagt, die christliche Hoffnung sei kein Happy End, dass man passiv erwarte.
So beendet Bentz seine Predigt mit einem Aufruf: „Brechen wir auf, hoffen wir, nicht nur für uns; für die Menschen für die wir da sind, mit denen wir da sind. Lassen wir uns in Bewegung setzen, mit Blick auf Christus, der mit uns durch die Zeit in die Zukunft geht. Amen.“