Freitag vor Weihnachten. Ich hatte einen Zug gebucht ohne Sitzplatzreservierung. Das ist nun schon sehr lange her, aber ich kann mich noch gut daran erinnern. Zuerst versuchte ich mich irgendwie an die Wand zu lehnen, immer wieder das Gewicht von dem einen Bein auf das andere zu verlagern. Am Ende saß ich im Schneidersitz auf dem Boden. Im Gang. In einem völlig überfüllten Zug. Jedes Mal, wenn jemand vorbei wollte, musste ich aufstehen. Welch Aufatmen als ich endlich daheim ankam. Als ich von Freunden am Bahnhof herzlich in Empfang genommen wurde. Endlich angekommen. Zuhause. Willkommen geheißen in den Armen von Freunden.
Wie gesagt: Das ist lange, sehr lange her. Aber an das Gefühl des Ankommens und Willkommengeheißenwerdens kann ich mich noch gut erinnern. Wie schön wäre es, wenn in diesen adventlichen Tagen und natürlich dann erst recht zu Weihnachten alle Menschen dieses Gefühl, diese Erfahrung des Willkommens machen dürften. Etwa bei uns in unseren Gottesdiensten. Willkommen geheißen zu werden in den Armen der Kirche. Denn durch eine gelebte und praktizierte Willkommenskultur zeigen wir, dass Gott selbst es ist, der zu Weihnachten einen jeden Menschen in seine Arme schließen und einen jeden willkommen heißen möchte.
An Weihnachten nämlich kommt Gott in unser Leben. Er sieht unsere Not. Er sieht, dass wir ihn brauchen. Deshalb kommt er. Wir müssen ihn nur aufnehmen und willkommen heißen. Dann kann sich die verändernde Kraft seiner Liebe in uns und durch uns entfalten. Seine Liebe schenkt uns, was wir zum Gelingen unseres Lebens brauchen: die Kraft zum Neubeginn, den Mut zur Versöhnung, die Solidarität mit den Armen und Schwachen. Echt ein Grund zur Freude an diesem 3. Adventsonntag. Denn der Herr ist wirklich schon nahe.
Ihr
Rainer Woelki
Erzbischof von Köln