In seiner Predigt nahm Domkapitular Thomas Weitz Bezug auf den Weltmissionssonntag, der am Sonntag stattfindet. Er bat die Gläubigen nach Möglichkeit um eine großherzige Spende für die "in Bedrängnis lebenden Schwestern und Brüder in Westafrika."
Christen seien Menschen der Hoffnung und Menschen, auf die man hoffen könne. Die Antworten auf die Herausforderungen der Zeit seien durchaus ähnlich bei Christen und Nicht-Christen: "Dem Hungernden gibt man zu essen, dem zu Unrecht Gefangenen verhilft man zur Freiheit, dem Verleumdeten steht man bei, ob es Einzelpersonen sind oder Bewegungen, Gruppen oder ganze Volksstämme."
Die Antwort werde ähnlich sein, aber der Grund sei ein anderer. Für die Christen sei Gott der Grund. "Noch schärfer gefasst: Gott selbst, wie er sich uns und der ganzen Welt in Jesus Christus offenbart." Wo der Glaube an diesen Gott stark sei, sei auch die christliche Mission stark. Wo dieser Glaube stark sei, sei die Hilfe mehr als nur Hilfe, sondern Verkündigung.
Schreie überall: Hören wir sie?
Doch um welche Verkündigung gehe es, fragte der Domkapitular? Mit Blick auf die Tageslesung antwortete er: "Ein erstes: Es sind Schreie von denen, die leicht überhört werden, die keine Lobby haben. Es sind schreie von denen, die unverschuldet in großer Not sind. Es sind gewiss auch Schreie von denen sein, die zu Unrecht im Gefängnis sitzen." Er nannte Beispiele: Die Schreie der Uiguren, der Chinesen in Hongkong, der Menschen in Flüchtlingslagern in Westafrika und in Europa. All diese Schreie würden nicht immer durch die dicken Wände aus Beton oder aus "politisch motivierten Desinteresse" dringen würden.
"Aber", so der Domkapitular, "diese Schreie können gehört werden." Gott höre. Und Gott verpflichte, sein Volk zum Hören. Er nehme sein Volk in die Pflicht, auf den Schwachen zuzugehen: "in einer Haltung, die die Schwäche des anderen nicht ausnützt und die von der eigenen Stärke nicht profitiere." – "Hört zu!", betonte Weitz. Das könne sehr anstrengend sein. "Aber wir können es, wir können zuhören." Gott, der mit den Menschen einen Bund geschlossen habe, mute es dem Menschen zu.
Unterscheiden heißt sich solidarisieren
"Dabei kommen wir nicht umhin zu unterscheiden, mit Vernunft aus dem Glauben heraus zu handeln." Manches Geschrei aus den Medien müsste herunter gedreht werden, um auch den leiseren Tönen Gewicht zu geben oder sie überhaupt hören zu können. "Denn auch die Wahrheit des Schreis ist nicht das, was ich am lautesten höre. Andererseits: Lautes Geschrei kann auch bedeuten: 'Du musst jetzt handeln, sofort!'"
Die Unterscheidung dessen sei der Punkt, an dem sich der Mensch solidarisch zeige.
Gegen Vorurteile
"Ein zweites: Für die, um die es geht, hat man schon Vorurteile parat, im Sinne von: 'Da war nichts anderes zu erwarten'", kritisierte Weitz. "Wäre es nicht großartig, wenn man auch in Deutschland hören könnte: 'Typisch Christ?'"
Doch was bedeutet das? Dazu verwies der Domkapitular auf die ersten Worte des Weltmissionssonntages: "Selig, die Frieden stiften. Sie sind nicht und dürfen nicht sein biblisches Beiwerk, damit es fromm klingt. Sie zeigen auf den, von dem her unser Einsatz gefordert ist: auf Jesus Christus." Evangeliersierung bedeute den Menschen zu helfen – und zu entdecken, wer Jesus Christus sei.
Übertragung bei DOMRADIO.DE
DOMRADIO.DE übertrug am Weltmissionssonntag das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Domkapitular Thomas Weitz. Die musikalische Gestaltung lag bei Ulrich Brüggemann an der Domorgel und dem Mädchenchor am Kölner Dom.