Waren Sie schon einmal verliebt? Das Kribbeln im Bauch, die Schmetterlinge, die pure Freude am Dasein des Anderen? Man ist fasziniert, kann ihn oder sie stundenlang anschauen. Stundenlang reden. Einfach nur in der Gegenwart des anderen sein. Das Herz hüpft und klopft, während man sich immer besser kennenlernt, sich lieben lernt. – Sie haben jetzt sicher einen bestimmten Menschen im Kopf.
Übrigens glaube ich, dass Gott eine jede und einen jeden von uns von Ewigkeit her genauso anschaut: verliebt, fasziniert und voller Freude darüber, dass es uns gibt. – Doch: Was ist Liebe, wenn sie nur einseitig ist? Unerwiderte Liebe ist traurig, manchmal sogar schmerzhaft. Liebe braucht ein Gegenüber, denn sie ist ein Geschenk, das man sich gegenseitig macht.
Wie aber soll man jemanden lieben, den man kaum kennt? Dem man nie begegnet ist? Das ist extrem schwierig. Deswegen hat sich Gott entschlossen, in seinem Sohn Jesus Christus Mensch zu werden. Greifbar, nahbar, sichtbar. In einem kleinen Kind in einer Krippe.
Jetzt können auch wir Gott kennen- und lieben lernen. Jesus macht es uns vor und zeigt uns, wie man den Vater wirklich liebt, wie man ein Leben der Liebe, des Mitgefühls und der Freude leben kann. Und zugleich zeigt Er uns dabei auch, wie sehr Gott uns liebt. Dazu kommt Er in unsere Welt. Das feiern wir an Weihnachten.
Vielleicht ergibt sich ja für uns alle in diesen Tagen ein Moment, in dem wir fasziniert und liebevoll vor dem Kind in der Krippe niederknien und sein Geheimnis betrachten, auf dass uns die Augen des Herzens aufgehen und wir erkennen, was Gott für uns getan hat. Ein frohes, gesegnetes und gnadenreiches Weihnachtsfest wünscht Ihnen allen von Herzen
Ihr
Rainer Woelki
Erzbischof von Köln