2017 stehen die Zeichen im Vatikan auf Konsolidierung

Raum für Überraschungen

Verdächtig ruhig steuert das Schiff der katholischen Kirche ins neue Jahr. Keine Großereignisse, keine großen Reisepläne, voraussichtlich nicht einmal neue Kardinäle. Aber Vorsicht: Dieser Papst kann spontan sein.

Papst Franziskus mit Flüchtlingen auf Lesbos / © Filippo Monteforte / Pool (dpa)
Papst Franziskus mit Flüchtlingen auf Lesbos / © Filippo Monteforte / Pool ( dpa )

Oft war der Jahreswechsel schon weniger besinnlich im vatikanischen Pressesaal. In den letzten Wochen des Jahres füllte sich der Terminkalender mit mehr oder weniger herausragenden Veranstaltungen. Nicht so jetzt. Welche Eisen Papst Franziskus seine Mitarbeiter zu schmieden aufträgt, welche dicken Bretter er bohren lässt - selten war es weniger absehbar. Es könnte also sein, dass 2017 ein ruhiges Jahr wird. Oder ein überraschendes.

Was Großereignisse angeht, verspricht 2017 eine Atempause für den 80-jährigen Papst. Das Heilige Jahr ist zu Ende, der Weltjugendtag, nach Teilnehmerzahlen das größte Ereignis in der christlichen Welt, fand 2016 im polnischen Krakau statt. Das nächste Treffen ist 2019 im zentralamerikanischen Panama - an einer Schlüsselstelle für Migranten, die - jedenfalls solange es noch keinen Donald Trump im Weißen Haus gab - aus Franziskus' Heimatkontinent nach Norden strebten.

Neue Vatikanbehörde für katholische Sozialordnung

Beide Themen - Jugend und Migration - bleiben unterdessen auf der päpstlichen Agenda. Mit dem neuen Jahr kommt eine neue Vatikanbehörde "für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen". Hinter dem etwas esoterisch klingenden Titel steckt der Anspruch, eine zeitgemäße katholische Vision der Sozialordnung zu entwerfen. Einen Schwerpunkt bilden Flüchtlinge und Migranten; Franziskus kündigte an, die betreffende Abteilung innerhalb der Behörde vorerst selbst zu führen.

Auch die Jugend wird er im Blick behalten. In Vorbereitung auf eine Bischofssynode 2018 zur seelsorglichen Begleitung junger Katholiken erhebt der Papst ein weltweites Meinungsbild ähnlich wie vor den letzten Synoden zu Ehe und Familie. Ein Fragenkatalog soll an Bischofskonferenzen, Bistümer und weitere kirchliche Institutionen versandt werden.

Keine großen Reisen?

Reisepläne zeichnen sich bislang kaum ab. Entweder hält der Vatikan sie strikter geheim oder der Papst reist wirklich weniger - oder spontaner. Bestätigt ist eine Visite am 12. und 13. Mai in Fatima, anlässlich des 100. Jahrestags der Marienerscheinungen in dem portugiesischen Wallfahrtsort. Franziskus hatte sein Pontifikat kurz nach seiner Wahl 2013 unter den Schutz der Muttergottes von Fatima gestellt.

Als "sehr wahrscheinlich" bezeichnete der Papst vor Journalisten auch eine Reise nach Indien und Bangladesch. Ein Datum ist noch nicht bekannt; denkbar wären die Tage nach Ostern. Weiter plant Franziskus eine Afrika-Reise, aber noch ohne konkrete Besuchsländer. Er bekräftigte auch den Wunsch, einmal nach China zu reisen. Angesichts der schwierigen diplomatischen Verhandlungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Peking könnte ein Besuch jedoch etwas auf sich warten lassen.

Im Raum steht ferner das Ziel Kolumbien. Im September kündigte Franziskus an, dorthin zu reisen, wenn der Friedensprozess mit der Guerilla-Organisation FARC zu einem glücklichen Ende gekommen wäre. Mitte Dezember empfing er Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos und dessen Vorgänger Alvaro Uribe, einen Kritiker des im November geschlossenen Friedensabkommens. Ein Reisedatum gab es zum Ende der Gespräche nicht. Kolumbien, hieß es sinngemäß im Vatikan, müsse erst noch seine Hausaufgaben machen.

Kein Besuch im Heimatland

Seinem Heimatland Argentinien erteilte Franziskus für 2017 eine Absage. Es gebe in diesem Jahr schon "feste Verpflichtungen" für Asien und Afrika, erklärte er in einer Videobotschaft im September. "Die Welt ist größer als Argentinien", fügte er hinzu. Franziskus setzt seine eigenen Schwerpunkte. Und wie er im vergangenen April spontan die Flüchtlingsinsel Lesbos besuchte, so könnte er sich auch in den kommenden Monaten wieder an humanitäre oder soziale Brennpunkte begeben.

Ein Blick über den katholischen Tellerrand hinaus: 2017 ist auch das Jahr des Reformationsgedenkens. Dem Ereignis hatte Franziskus schon im Herbst mit seinem Besuch im schwedischen Lund Aufmerksamkeit gezollt. Aber da der legendäre Thesenanschlag vor 500 Jahren in Wittenberg stattfand, erinnern natürlich auch die Deutschen an "ihren" Martin Luther. Dass der Papst just in diesem Jahr in das Kernland der Reformation fährt, steht bislang nicht auf dem Programm - aber ausgeschlossen hat es Franziskus auch nicht.

Burkhard Jürgens


Quelle:
KNA