DOMRADIO.DE: Es sieht nicht gut aus für den Hambacher Forst. RWE-Vorstandschef Rolf Martin Schmitz hat angekündigt, nach der Räumung müsse der Wald jetzt auch weichen. Er wird gerodet. Verweise auf die Kohlekommission, deren Entscheidung abzuwarten sei, hat er entgegengehalten, die Kohlekommission regele den generellen Fahrplan für den Kohleausstieg und es gebe keine Einzelentscheidungen für den Hambacher Forst. Und trotzdem geht der Protest weiter. Sie haben Herrn Schmitz gar noch einen Brief geschrieben.
Lutz Braunöhler (Vorsitzender des Diözesanrates des Bistums Aachen): Ich habe allerdings nicht nur Herrn Schmitz einen Brief geschrieben, sondern das war eine Resolution, die sich auch an die anderen Beteiligten wendet. Ich habe da auch schon Rückmeldungen aus der Kohlekommission selbst bekommen, die das sehr begrüßt haben, dass nochmal ein Appell in die Öffentlichkeit gesteuert worden ist.
DOMRADIO.DE: Was genau haben Sie denn geschrieben?
Braunöhler: Wir haben uns dafür entschieden, nochmal dazu aufzurufen, bis zu einer Entscheidung der sogenannten Kohlekommission weitere Maßnahmen im Hambacher Forst zu unterlassen, die aus unserer Sicht weder aus wirtschaftlichen Gründen noch aus sonstigen Gründen zwingend erforderlich sind. RWE Power kann auch weiterhin Energie erzeugen, ohne den Hambacher Wald abzuholzen.
DOMRADIO.DE: Sie haben gesagt, aus der Kohlekommission gab es schon Zustimmung. Welche Reaktionen gab es von RWE?
Braunöhler: Herr Schmitz hat mich auch persönlich angeschrieben und darauf hingewiesen, dass auch er Christ sei. Und wenn er mit den Begriffen "verwerflich" und "menschenverachtend" konfrontiert werde, dann sei das sehr einseitig gesehen worden.
Ich finde das indessen nicht so, denn menschenverachtend ist alles das, was Menschen schadet, egal ob sie jetzt berechtigt oder nur halb berechtigt gegen bestimmte Maßnahmen protestieren.
Wir haben auch deutlich darauf hingewiesen, dass es nicht nur um die Situation hier in Deutschland und vor Ort konkret im Braunkohletagebau geht. Es geht um den Gesichtspunkt der Bewahrung der Schöpfung aus globalen Gründen. Denn das, was wir hier produzieren, nämlich erhebliche Schadstoffe in die Luft, beeinträchtigt auch die Menschen auf der Südhalbkugel - und zwar viel, viel mehr als hier bei uns.
DOMRADIO.DE: Jetzt haben Sie sich als Diözesanrat eingemischt. Aber reicht das, was Kirche so zur Bewahrung der Schöpfung versucht?
Braunöhler: Man kann das tun, was wir getan haben: sich in der Öffentlichkeit nochmal zu Wort melden und nochmal die Probleme aufzeigen. Ich habe beispielsweise auch eine ganz sinnvolle Reaktion darauf bekommen.
Da hat jemand vorgeschlagen, aus christlicher Sicht das nochmal dadurch zu manifestieren, dass man 24-Stunden-Gottesdienste über einen längeren Zeitraum hinweg in Hambach abhält. Das werde RWE dann wohl hinnehmen müssen. Sie können nicht versuchen, Gottesdienste durch Unterbrechungsmaßnahmen zu stören.
Ich habe zwar Zweifel, ob es gelingt, so viele Menschen zu motivieren. Aber vielleicht wäre das wirklich ein ganz guter Ansatz, um auch in der Öffentlichkeit deutlich zu machen: Wir als Vertreter der Kirche - auch wenn wir Laien sind - setzen uns ein für das, was uns aus Klimaschutzgesichtspunkten wichtig ist.
DOMRADIO.DE: Einen Gottesdienst dürfte die Polizei nicht stören?
Braunöhler: Nein. Der dürfte nicht gestört werden. Das ist nach den geltenden Bestimmungen nicht möglich.
DOMRADIO.DE: Wie werden Sie jetzt selber weitermachen? Vielleicht mit einem Gottesdienst, vielleicht noch anders?
Braunöhler: Ich glaube, wir werden die Idee mit dem Gottesdienst mit unterstützen und uns dafür einsetzen, dass das zustande kommt. Wenn ich mir ansehe, wie viele Leute auch bei den in der Regel am Wochenende stattfindenden Protesten nach Hambach in den Forst fahren, dann habe ich eigentlich eine ganz gute Hoffnung. Das Prinzip Hoffnung trägt uns Christen ja schließlich, dass sich Menschen bereitfinden, das zu unterstützen.
DOMRADIO.DE: Es könnte sein, dass sich jetzt viele Leute bei Ihnen wegen der Gottesdienst-Idee melden.
Braunöhler: Ich wäre dankbar, wenn das passiert.
Das Interview führte Heike Sicconi.