Am 15. September 1997 war es endlich soweit: Der Apostolische Nuntius, Erzbischof Giovanni Lajolo, und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Berndt Seite (CDU) unterzeichneten in Schwerin einen Staatskirchenvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem nordöstlichen deutschen Bundesland. Entsprechende Abkommen mit den damaligen evangelischen Landeskirchen und den jüdischen Gemeinden gab es bereits.
Drittes Abkommen auf Gebiet der ehemaligen DDR
Es war das dritte Abkommen des Vatikan mit der katholischen Kirche auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Im Vergleich mit Sachsen und Thüringen waren die Verhandlungen aber holpriger und unvorhergesehen lange verlaufen. So dauerte es nach der Paraphierung des Vertragstextes, also der vorläufigen Einverständniserklärung beider Verhandlungspartner am 14. November 1996, noch zehn Monate bis zur völkerrechtlich verbindlichen Unterzeichnung.
Der Grund waren die Einsprüche zweier Landesministerien der großen Koalition, die Nachverhandlungen notwendig machten. So wandte sich Sozialminister Hinrich Kuessner (SPD) gegen die Verpflichtung für Krankenhäuser und Heime, der Kirche die Namen der von ihnen aufgenommenen Katholikinnen und Katholiken mitzuteilen, um deren seelsorgliche Betreuung zu ermöglichen.
Umfangreiche Verhandlungen
Kuessner kritisierte eine solche Informationspflicht auch für die freien Träger von Einrichtungen. Das Schlussprotokoll des Vertrags trug dem Einwand dann insoweit Rechnung, als das Land "darauf hinwirken" soll, dass die freien Träger solche persönlichen Daten weitergeben und das auch nur bei ausdrücklicher Zustimmung der Betreuten.
Weiteren Verhandlungsbedarf meldete auch Finanzministerin Sigrid Keler (SPD) über die Höhe der historisch begründeten Staatsleistungen an die katholische Kirche an. Nach weiteren Verhandlungen blieb es jedoch bei der bereits vereinbarten Summe von umgerechnet rund 380.000 Euro. Seither stiegen die Staatsleistungen auf 710.000 Euro pro Jahr, während die Zahl der Katholikinnen und Katholiken in dem Bundesland in den vergangenen 25 Jahren von 75.000 auf 54.000 sank.
Die kirchliche Verhandlungsseite führte die nachträglichen Änderungswünsche auf "Kommunikationsprobleme" in der Landesregierung zurück. Zugleich würdigte sie, dass in Mecklenburg-Vorpommern im Unterschied zu Sachsen und Thüringen die Art der Bezugnahme auf das Preußenkonkordat von 1929 und das Reichskonkordat von 1933 kein Anlass für die Verzögerung war. Die Schweriner Landesregierung hatte die Fortgeltung beider Konkordate von Anfang an nicht infrage gestellt.
Umfassende Regelungen der Beziehungen zwischen Kirche und Land
Inhaltlich regelt der Vertrag wie vergleichbare Abkommen die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem Land Mecklenburg-Vorpommern umfassend. So wird der rechtliche Schutz der freien Religionsausübung garantiert und das Selbstbestimmungsrecht der Kirche bestätigt. Auch sind regelmäßige Treffen der Landesregierung mit den Erzbischöfen von Hamburg und Berlin vorgesehen. Die Mecklenburger Katholikinnen und Katholiken gehören zum Erzbistum Hamburg, ihre Glaubensgeschwister in Vorpommern zum Erzbistum Berlin.
Überdies schreibt das Abkommen den katholischen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen fest. Die Kirche erhält das Recht, Schulen in eigener Trägerschaft zu betreiben. Der Vertrag garantiert den staatlichen Schutz der Sonntage und kirchlichen Feiertage. Er berechtigt die Kirche zur Seelsorge in öffentlichen Krankenhäusern, Heimen, Justizvollzugsanstalten und Ausbildungsstätten der Polizei. Zudem verpflichtet sich der Staat dazu, darauf hinzuwirken, dass Rundfunkveranstalter der Kirche angemessene Sendezeiten für religiöse Sendungen zur Verfügung stellen. Mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden am 22. Dezember 1997 in Bonn trat der Vertrag in Kraft.