Jeder Schritt konnte bislang einer zu viel sein. Der Radius eines Krankenhausseelsorgers ist während der Rufbereitschaft eng. Doch das Bamberger Krankenhaus hat Dieter Lankes (56) jetzt hinter sich gelassen. Sein neuer Pastoraler Raum gehört zu den weitläufigeren in Deutschland. Er umfasst den nördlichsten Landkreis Deutschland, wozu auch die Inseln Sylt, Föhr, Amrum und Pellworm sowie die Halbinsel Nordstrand gehören. An den 13 Gottesdienststandorten leben rund 9.000 Katholiken.
Von Sylt über Niebüll bis Sankt-Peter-Ording fährt Lankes schon mal 100 Kilometer für eine Messfeier. "Ein Gottesdienst am Sonntag kann ein Tagesausflug werden", schmunzelt er. Doch das findet er gar nicht schlecht: Durch die Distanzen muss er am Wochenende keinen "Gottesdienst-Marathon" veranstalten sondern hat nach der Messe noch Zeit für einen Kaffee mit den Gemeindemitgliedern. Den gibt es in nordfriesischen Gemeinden nämlich oft, wie der Geistliche bereits erfahren hat. So weit im Norden Deutschlands sind die Katholiken oft in der Minderheit – doch das stärke den Zusammenhalt der Gemeinde untereinander. Lankes will den Gläubigen hier vermitteln, dass er sie unterstütze.
Strandkorbgespräche und ökumenische Angebote
Doch an der Nordsee brauchen nicht nur die Einwohner Unterstützung. In der Feriensaison kommen in Sylt auch schon mal 30 Gemeindemitglieder und 300 Touristen zu einem Gottesdienst, haben die örtlichen Katholiken Lankes berichtet. Die Touristen seien dabei immer zur Messe eingeladen: Für die Zeit ihres Urlaubs bildeten sie zusammen mit den Ansässigen gemeinsam die Gemeinde. Bei einer solchen Vielzahl an Besuchern – gerade auf den zum Pfarrgebiet gehörenden Inseln – gebe es natürlich auch Angebote für Touristen.
Strandkorbgespräche und ökumenische Angebote seien geplant. Vieles bestehe auch schon, etwa Gottesdienste oder Liederabende mit Abendsegen am Strand sowie das Abendgebet am Meer. "Ich will den Leuten deutlich machen, dass ich da bin", betont Lankes. Und das scheint zu funktionieren: "Mir kommt eine große Offenheit entgegen", erzählt er von seinen ersten Kontakten zu seinen neuen Gemeindemitgliedern. Lankes ist vorbereitet: Er hat eine Ausbildung zum Exerzitienbegleiter absolviert. Überhaupt hat er Erfahrung mit Gebieten, wo Christen eher in der Minderheit sind. So war er bereits in Thüringen tätig.
"Das hat mich viel Kraft und Energie gekostet"
In Norddeutschland zu arbeiten war Wunsch des gebürtigen Bayern. "Ich hatte schon immer eine Faszination für den Norden", berichtet er. Doch zunächst trat er dem Orden der Karmeliten bei, stand diesem einige Jahre auch als Provinzial vor. Zur Seelsorge sei er in diesem Amt seltener gekommen, als es ihm lieb gewesen sei. Zu sehr hätten ihn bürokratische Aufgaben in der Zeit beansprucht. "Das hat mich viel Kraft und Energie gekostet", erzählt Lankes rückblickend.
Nach Ende seiner Amtszeit ging er daher ins Krankenhaus, um wieder näher an den Menschen zu sein. "Das war wie ein zweites Berufungserlebnis", so der Priester. Doch er fragte sich auch, ob sein Platz noch in der Gemeinschaft der Karmeliten sei. Nach Entscheidungsexerzitien im italienischen Assisi sei er schließlich auf das Erzbistum Hamburg zugegangen. Hier hatte er bereits Kontakte, und so fragte er, ob er dort Diözesanpriester werden könne. Er konnte. Im Juni verbrachte er mehrere Wochen in Hamburg mit einer Einführung unter anderem in die Strukturen des Erzbistums.
Seit Anfang Juli lebt er nun zunächst in Westerland auf Sylt, da sein Dienstsitz auf dem Festland noch nicht bereitsteht. In Westerland wird er am Sonntag auch in sein Amt eingeführt. Den Karmeliten bleibt er dennoch verbunden: "Die karmelitische Spiritualität ist mir wichtig, ich trage sie weiter im Herzen", erklärt er.