300 Jahre Erhebung des Bistums Wien zur Erzdiözese

"Langlebigkeit kirchlicher Strukturen"

Ohne Feiern, allerdings mit einem für Januar 2023 geplanten Symposium, begeht die Kirche von Wien den 300. Jahrestag ihrer Erhebung zur Erzdiözese. Am 1. Juni 1722 wurde die päpstliche Bulle "Suprema dispositione" ausgestellt.

Der Stephansdom in Wien / © Heracles Kritikos (shutterstock)
Der Stephansdom in Wien / © Heracles Kritikos ( shutterstock )

Sie gab dem 1469 begründeten Bistum kirchenrechtlich den Status eines Metropolitanbistums. Dass Wien erst vergleichsweise spät zur Metropolie erhoben wurde, habe mit der Aufteilung des ostfränkischen Missionsgebiets zu tun, sagte der Wiener Kirchengeschichtler Rupert Klieber der Wochenzeitung "Die Furche". "Die späte Wiener Diözesanerrichtung und späte Erhebung zur Erzdiözese ist ein Zeugnis für die Langlebigkeit kirchlicher Strukturen", so der Professor.

Erzdiözese Wien

Die Erzdiözese Wien umfasst das Bundesland Wien und die östliche Hälfte von Niederösterreich. Aufgrund der besonderen Größe und der unterschiedlichen Struktur dieser Gebiete ist die Diözese in drei Regionen, die Vikariate unterteilt, für die jeweils ein Bischofsvikar als Stellvertreter des Bischofs verantwortlich ist.

Stephansdom in Wien (KNA)
Stephansdom in Wien / ( KNA )

1469, als das Bistum Wien errichtet wurde, war es demnach nur eine aus dem Passauer Gebiet geschnittene Minidiözese, die das Stadtgebiet und einige Dörfer umfasste. Im 18. Jahrhundert eroberte Österreich bedeutende Gebiete auf dem Balkan und stieg zur Großmacht auf. Die Residenzstadt wuchs zu einer Hauptstadt mit über 80.000 Einwohnern und brauchte einen größeren Kirchenverwaltungssprengel - gegen den Widerstand des Passauer Bischofs Raymund Rabatta und des Salzburger Erzbischofs Franz Anton Harrach, so Klieber.

1719 schrieb Kaiser Karl VI. an Papst Clemens XI. Sein Nachfolger Innozenz XIII. erfüllte den Wunsch, nachdem der Kaiser Comacchio, einen Besitz des Kirchenstaates, zurückgegeben hatte.

"Ein sehr künstliches Produkt"

Damit stand am 1. Juni 1722 das Erzbistum Wien. Erster Erzbischof wurde der bisherige Bischof Sigismund von Kollonitsch (1716-1751). "Aber auch dieses Erzbistum war noch ein sehr künstliches Produkt", so der Kirchenhistoriker. Im Grunde habe erst Joseph II. (1780-90) "mit einem Gewaltstreich neue Verhältnisse geschaffen". Durch seine Eingriffe in die kirchlichen Zuständigkeiten entstanden laut Klieber in Wien, Sankt Pölten und Linz Staatskirchentums-Verwaltungen "par excellence". Wien habe dabei am stärksten im Schatten der Macht gestanden.

Im Laufe der Zeit wuchsen die Wiener Erzbischöfe aber in die prestigeträchtige Rolle als erste Ansprechpartner der Regierenden in Österreich hinein, "nach 1918 sogar stärker als vorher", erklärte der Wissenschaftler. Für die Kirche von Wien sei außer dem Kaiserhof die Universität als geistiges Zentrum wichtig gewesen. Sie, und nicht der Bischofshof, übte die Funktion einer Glaubensbehörde aus, wie Klieber sagte.

Quelle:
KNA