DOMRADIO.DE: Sie sind Ordenspriester, aber sie legen Wert darauf, trotzdem mit "Bruder" angesprochen zu werden. Warum?
Bruder Andreas Murk OFMConv (Neuer Vorsitzender der Deutschen Ordensobernkonferenz DOK): Ich reagiere auch, wenn man mich Pater nennt. Aber bei uns in der Provinz ging das vor einigen Jahren los, dass wir gesagt haben: Der heilige Franziskus wollte eine Gemeinschaft von Brüdern haben, wo auch sprachlich zum Ausdruck kommen soll, dass wir als Brüdergemeinschaft alle auf der gleichen Ebene miteinander unterwegs sind. Deshalb dann die Anrede "Bruder" auch für den, der Priester ist. Auch wenn das dann manchmal für Menschen etwas verwirrend ist.
DOMRADIO.DE: Sie sind frisch an die Spitze der Ordensobernkonferenz gewählt worden, mit noch nicht mal 40 Jahren. Wenn wir bedenken, dass viele Ordensleute in Deutschland schon recht betagt sind, dass die Orden massive Nachwuchssorgen haben: Kann das auch Signalwirkung dafür haben, die Orden zukunftsfähig zu machen?
Br. Andreas: Es wäre schön, wenn jetzt plötzlich, nur weil der Vorsitzende etwas jünger ist, die jungen Menschen in Scharen eintreten. Ich glaube nicht, dass das passiert. Und ob die Zukunftsfähigkeit der Orden wirklich daran hängt, weiß ich auch nicht. Aber ich denke durchaus, dass es ein Signal sein kann. Manchmal hat man so das Klischee, Ordensleute wären alle schon älteren Semesters. Die Menschen sollen sehen: Es gibt durchaus auch jüngere Ordensleute, nicht nur im Vorsitz, sondern auch in den Gemeinschaften.
DOMRADIO.DE: Sie kommen aus der Bildungsarbeit Ihres Ordens. Sie waren Redakteur verschiedener Publikationen, sind ausgebildeter Fastenbegleiter und geistlicher Begleiter. Wo wollen Sie in Ihrem neuen Amt Schwerpunkte setzen?
Br. Andreas: Das muss sich, denke ich, erst herauskristallisieren. Mir ist ganz wichtig, dass es eine Kontinuität gibt. Also dass zwischen dem, was da aufgebaut wurde in den letzten Jahren und dem, was jetzt kommt, einfach ein guter Brückenschlag ist. Das ist mir erstmal wichtig. Und dann, so es für mich in meiner Leitung auch in der Provinz immer so gewesen, das zu tun, was ansteht. Das ist ja oft nicht ganz vorhersehbar. Das, was dann so kommt, im Team mit dem Vorstand und mit dem Generalsekretariat in Bonn zu bewältigen und gut zu meistern.
DOMRADIO.DE: Ein Thema, das sicher auch immer mal wieder anstehen wird, ist das der sexualisierten Gewalt durch Kirchenleute, auch durch Ordensleute. Auch für die Orden war das immer wieder ein bedrückendes Thema. Wo würden Sie sagen, stehen Sie da heute?
Br. Andreas: Ich glaube immer noch mittendrin. Einmal geht es darum, diese Verbrechen zu realisieren. Sie aufzuarbeiten. Es wurden in den letzten Jahren gemeinsam mit der Deutschen Bischofskonferenz Rahmenordnungen, Präventionsordnungen erstellt und dann in die Tat umgesetzt. Ich glaube, das Thema werden wir nicht einfach los. Denn es ist Teil unserer Vergangenheit, die uns bleibt und der wir uns verantworten müssen. Heute und auch in der Zukunft. Und was jetzt auch in der Mitgliederversammlung ab und an mal so anklang: Die Bereitschaft, vielleicht auch der Wunsch, dass es eine wirklich unabhängige Aufarbeitung geben kann, dann auch mit Beteiligung des Staates, um dann möglichst transparent anzuschauen, was passiert ist.
DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie sich für den Start in Ihre neue Aufgabe?
Br. Andreas: Ich würde mir einen Zusatztag wünschen, an dem ich die Arbeit machen kann. Das ist wahrscheinlich unrealistisch. Ich wünsche mir Gelassenheit für mich und auch für die Menschen, mit denen und für die ich da arbeite. Gelassenheit und Geduld. Und eine große Portion Vertrauen. Wir glauben, dass Gott uns berufen hat und dass er uns die Kraft gibt für das, was ansteht, in der DOK, aber auch in den Gemeinschaften. Und dass wir das immer wieder auch spüren und dann auch weitergeben können an die Menschen, für die die vielen tausend Ordensleute in Deutschland mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern da sein sollen und da sein wollen.
Das Interview führte Hilde Regeniter.