Was mit einer kirchlichen Late-Night-Show wäre? Harald Schmidt, der 2014 nach fast 20 Jahren als Late-Night-Talker vom Bildschirm verschwand, lehnt ab. "Das wäre ein Versuch, den Zeitgeist zu erhaschen. Wenn wir eine Chance haben wollen, müssen wir zurück hinter das Zweite Vatikanische Konzil: der Pfarrer mit dem Rücken zum Publikum, die Messe auf Latein", erklärt der 62-Jährige in einer übervollen Mannheimer Jesuitenkirche. Das Maß an Ironie ist bei Schmidts Aussagen an diesem Abend oft nur schwer auszumachen.
Der Entertainer, der sich als einen "überzeugten Kirchensteuerzahler" bezeichnet, ist zu Gast in einer Dialog-Predigtreihe, sein Gesprächspartner: Werner Holter. Der umtriebige Jesuit hatte das Format zunächst in Sankt Peter in Köln ausprobiert, wo er bis 2017 tätig war. Seit Anfang dieses Jahres lädt Holter einmal im Monat auch in Mannheim zum Gespräch ein, den Auftakt machte Ansgar Wucherpfennig, Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Jesuiten in Frankfurt-Sankt Georgen.
Plauderei auf's Stichwort
Nun folgt also der zweite prominente Redner - und in der Kirche sind mehr Menschen, als es Plätze gibt. Das sei "fast wie Weihnachten", freut sich Holter. Und für manche im Publikum mag es fast so sein wie seinerzeit vor dem Fernseher, als Schmidt die Nation noch mit seinem schwarzen Humor unterhielt. Viel mehr als ein paar Stichworte von Holter - die beiden kennen sich aus Köln, unter anderem war Schmidt auch in der dortigen Dialog-Predigtreihe zu Gast - braucht Schmidt denn auch nicht, und er plaudert drauf los.
Von der Christmette, die früher bei ihm zu Hause - Schmidt wuchs in einer streng katholischen Familie im baden-württembergischen Nürtingen auf - immer "Pelzmette" hieß, "weil man sich gezeigt hat".
Von seiner Begegnung mit "Ruuudi" im Zug, dessen Name er wusste, weil die mitreisende Ehefrau ihn gefühlte 20 Mal gesagt habe, "in allen Varianten und Tonlagen, und ich bekam eine Ahnung vom Fegefeuer". Er berichtet vom Kölner Beerdigungsunternehmer und der schwangeren Sekretärin, die gemeinsam einen Sarg aus dem Geschäft getragen hätten - leer - aber «besser kann man Kreis des Lebens gar nicht beschreiben».
Naiv aber ohne Zweifel
Schmidt stellt sich den emeritierten Papst Benedikt XVI. vor, wie er sich gemeinsam mit seinem Privatsekretär, Erzbischof Georg Gänswein, in den Vatikanischen Gärten eine VHS-Kassette von Don Camillo und Peppone ansieht. Der Entertainer spricht über seinen Glauben, der zwar "naiv" sei, ihn dafür aber bislang ohne große Zweifel durchs Leben begleitet habe. Er berichtet von Fronleichnamsprozessionen durch Köln und vom gesellschaftlichen Wandel, der sich daran zeige, dass es anders als früher heute an diesem Tag keine kleinen Blumengestecke mehr vor den Geschäften gebe - weil die kleinen Läden nicht mehr da seien.
Von einem Zugang von Frauen zu allen Ämtern in der katholischen Kirche hält Schmidt, auch das lässt er die 700 Zuhörer wissen, nicht viel. Die Protestbewegung Maria 2.0, die genau dies fordert, findet er "ein bisschen anstrengend". Er sei aufgewachsen mit dem Bild von Frauen, die "am Altar putzen". Das "Selbstgestrickte", so Schmidt, der seinem Namen als Dirty Harry nicht nur an dieser Stelle alle Ehre macht, sei «nie sein Ding» gewesen.
Angst vor Treffen im Jenseits
So wenig, wie er Verständnis für Frauen habe, "die einen Dom umarmen wollen", so wenig möchte er eines Tages von Gitarre spielenden "Schauspielerinnen" beim Sterben begleitet werden. Da sei es allemal besser, ein Pfarrer komme durch die Tür. Die Gitarre, so Schmidt, müsse raus aus dem Zimmer, das werde so in seiner Patientenverfügung stehen, "kein einziger Akkord". Die einzig bange Frage, die er sich mit Blick auf den Tod stelle, sei, wen er wohl im Jenseits wiedertreffen werde. "Da habe ich gewisse Ängste."
Irgendwie, so kann man am Ende denken, sind kirchliche Late-Night-Shows doch ganz unterhaltsam. Aller Anpassung an den Zeitgeist zum Trotz.