In der Printenbäckerei Klein haben sie gerade alle Hände voll zu tun. Ganz hinten in der verwinkelten Backstube dreht sich der Teig in einer Trommel.
Weiter vorn bearbeiten sie die bräunliche Masse, stanzen mit einer Formwalze kleinere Stücke aus für die "Kräuter-Moppen" oder fertigen auf einer anderen Arbeitsplatte die länglichen Modelle wie die "Prinzess-Schnitt-Printe".
Immer neue Backbleche, dicht belegt mit Spezereien, landen auf dem Stikkenwagen, einer Art Regal auf Rollen.
Über allem hängt ein weihnachtlicher Duft
Ein Teil der Belegschaft kümmert sich darum, die großen Öfen zu befüllen. Es brummt und scheppert. Klappern gehört zum Handwerk.
Genau wie die großen Bürsten, mit denen zwei Mitarbeiter die noch heißen Printen mit Zuckerguss oder sogenanntem Kräuterlack bestreichen.
Über allem hängt ein weihnachtlicher Duft. Das liegt an den Gewürzen, die der Printe ihren typischen Geschmack verleihen: Anis, Koriander, Nelken und Zimt.
Für viele deutschstämmige Kunden ein Stück Heimat
Den Überblick über das Gewusel behält Betriebsleiter Thomas Merkelbach. Sein Chef, Andreas Klein, huscht unterdessen immer wieder in das Büro, eingezwängt zwischen Backstube und Verkaufsraum.
Kein Wunder: In diesen Wochen sind die Erzeugnisse der Bäckerei besonders gefragt – und das weit über die Region hinaus. "Nichts als handgemachte Printen weltweit – sogar am Nordpol", steht auf einem kleinen Schild im Lagerraum, wo die Ware in Geschenkboxen wie der "Panorama-Packung" oder der "Dom-Holzkiste" auf den Versand wartet.
So verbänden viele deutschstämmige Kunden in Übersee mit den Printen "ein Gefühl von Heimat", erläutert Klein, der die 1912 gegründete Bäckerei in der vierten Generation leitet.
Die Nachfrage nach Printen ist das ganze Jahr über da
Mehrere Verkaufsstellen betreibt das Unternehmen in der Stadt – ebenso wie manche Mitbewerber, darunter Nobis oder Marktführer Lambertz.
Von der Konkurrenz unterscheidet sich der Familienbetrieb der Kleins dadurch, dass er ausschließlich Printen herstellt – von Januar bis Dezember. Denn die Nachfrage ist das ganze Jahr über da.
Nicht nur die zahlreichen Touristen, die den Aachener Dom, Deutschlands erste Unesco-Welterbestätte bestaunen, lassen auch im Sommer einen Beutel Printen oder mehr mitgehen.
Printensuppe, Printencreme und Printenparfait
Wer will, kann sich durch Printensuppe, Printencreme und Printenparfait probieren. Den Reiz des Ganzen fördert möglicherweise auch die Tatsache, dass die Printe seit 1997 als "geschützte geografische Angabe" durch die EU anerkannt ist.
"Die Herkunft ist geografisch begrenzt auf Aachen, Würselen, Alsdorf, Baesweiler, Roetgen und Stolberg", hält Werner Setzen in seinem "Aachener Printenbrevier" fest.
Was der Lübeckerin ihr Marzipan ist, dem Nürnberger sein Lebkuchen und der Dresdnerin ihr Christstollen - das ist dem Aachener seine Printe.
Was Napoleon mit der Erfindung der Printen zu tun hat
Anders ausgedrückt: Wir haben es hier quasi mit der westlichsten Weihnachtsspezialität in Deutschland zu tun. Wie die Printe ihren Weg in die Stadt Karls des Großen gefunden hat, darüber gibt es allerhand Theorien.
Andreas Klein vermutet, dass in der Mitte des 17. Jahrhunderts Bronzegießer und Zuckerbäcker aus dem belgischen Dinant nach Aachen kamen und die Urahnen der Printen kreierten.
Für die ganz besondere Note sorgte schließlich die Weltgeschichte – konkret: kein Geringerer als Napoleon. Mit seiner Kontinentalsperre wollte der französische Kaiser 1806 die Einfuhr englischer Handelsgüter unterbinden.
Eier haben in der Printenbäckerei nichts verloren
Dazu zählte auch der bis dahin für die Printenherstellung genutzte Rohrzucker. Fieberhaft fahndeten die Aachener nach Alternativen. Und wurden in dem aus der Zuckerrübe gewonnenen Süßstoff fündig.
Offenbar seit rund 200 Jahren ein Erfolgsrezept. Das Ergebnis müsste selbst der ernährungsbewussten Generation Z schmecken.
"Die klassische Printe ist ein veganes Produkt", erläutert Klein. Eier oder dergleichen haben in seiner Bäckerei nichts verloren.
Dunkles Weizenmehl vom Typ 1050, Farin- und Kandiszucker bilden die Basis für den Teig – samt Zuckersirup, der einzigen (zäh-)flüssigen Zutat. Ein Fest für den Gaumen – auch für diejenigen, die auf den Verzehr tierischer Produkte verzichten wollen.