Ab Mittwoch gilt die Impfpflicht im Gesundheitswesen

Politik mit der Brechstange?

Trotz vieler Proteste und Bedenken: Ab Mittwoch gilt im Gesundheitswesen eine einrichtungsbezogene Impfpflicht. Doch wie sie durchgesetzt wird, wird in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt.

Autor/in:
Christoph Arens
Pflegerin mit Mundschutz / © PitukTV (shutterstock)

Nach langen Auseinandersetzungen tritt ab Mittwoch eine gesetzliche Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen in Kraft. Betroffen sind neben Kliniken und Pflegeeinrichtungen unter anderem auch Arzt- und Zahnarztpraxen, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Tageskliniken oder Rettungsdiensten. Die Impfpflicht gilt etwa auch für Hausmeister, Transport-, Küchen-, oder Reinigungspersonal sowie Friseure oder Fußpflegerinnen.

Familienministerin hält Impfpflicht ab 18 für dringend notwendig

Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) hält in der Corona-Pandemie die Einführung einer Impfpflicht für Erwachsene für dringend notwendig. "Wir haben viel versucht, die Menschen über Impfkampagnen und niedrigschwellige Angebote zu erreichen. Aber da sind wir inzwischen am Ende der Fahnenstange angekommen", sagte Spiegel der "Bild am Sonntag." "Um die Impfquote weiter zu steigern,
brauchen wir die Impfpflicht ab 18."

Symbolbild Impfen Corona Impfung Pflaster / © Alexxndr (shutterstock)
Symbolbild Impfen Corona Impfung Pflaster / © Alexxndr ( shutterstock )

Alle Beschäftigten müssen ihrem Arbeitgeber bis Dienstag einen Nachweis über eine vollständige Corona-Schutzimpfung, einen Genesenennachweis oder ein ärztliches Attest vorlegen, wenn sie sich nicht impfen lassen können. Liegt der Nachweis nicht vor, sind die Leiter der Einrichtungen verpflichtet, das zuständige Gesundheitsamt zu benachrichtigen, wie das Bundesgesundheitsministerium erläutert.

Ein fehlender Impfschutz kann harsche Konsequenzen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben. Kommt der Beschäftigte der Forderung nicht nach, kann das Amt ihm verbieten, die Einrichtung zu betreten oder dort tätig zu sein. Es drohen eine Geldbuße von bis zu 2.500 Euro, Lohnausfall und arbeitsrechtliche Konsequenzen bis zu Abmahnung und Kündigung. Auch die Leitung einer Einrichtung, die widerrechtlich eine Person beschäftigt oder das Gesundheitsamt nicht informiert, muss mit einem Bußgeld rechnen. Personen, die ab dem 16. März eine Tätigkeit in einer betroffenen Einrichtung neu aufnehmen wollen, müssen ihrem Arbeitgeber einen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen. "Eine Person, die keinen Nachweis vorlegt, darf nicht beschäftigt werden", betont das Bundesgesundheitsministerium.

Um besonders verletzliche Personen zu schützen 

Der Bundestag hatte eine solche Impfpflicht am 10. Dezember beschlossen. Begründet wurde sie damit, dass es in Krankenhäusern und insbesondere auch Altenpflege- und Behindertenheimen zu massiven Corona-Ausbrüchen gekommen ist, die teilweise auch Todesfälle zu Folge hatten. Um diesen besonders verletzlichen Personenkreis zu schützen, sei eine vollständige Impfung des Personal unerlässlich, hieß es. Im Februar ließ das Bundesverfassungsgericht in einem Eilverfahren die einrichtungsbezogene Impfpflicht zunächst gelten.

Bund und Länder winken umstrittene Teil-Impfpflicht durch

Bund und Länder haben sich ohne weitere Wortmeldungen auf die grundsätzliche Umsetzung der umstrittenen Impfpflicht für Beschäftigte in der Pflege und im Gesundheitswesen verständigt. Konkrete Details dazu lässt der finale Beschlusstext aber offen, stattdessen heißt es: "Mit dem Ziel, dabei auch die Versorgung in den betroffenen Einrichtungen weiterhin flächendeckend sicherzustellen befinden sich die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister des Bundes und der Länder in einem intensiven Abstimmungsprozess."

Ethikrat befürwortet Impfpflicht / © Michael Bihlmayer (shutterstock)
Ethikrat befürwortet Impfpflicht / © Michael Bihlmayer ( shutterstock )

Nach dem Beschluss der Impfpflicht war es zu heftigen Debatten über die konkreten Bestimmungen und die Durchsetzung von Sanktionen gekommen. So hatten Gesundheitsämter in mehreren Bundesländern erklärt, sie seien mit der Überprüfung überfordert. Elke Bruns-Philipps, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbands der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), sagte, sie gehe davon aus, dass im Schnitt bei fünf bis zehn Prozent der Beschäftigten kein vollständiger Impfschutz vorliege. Das sei nicht zu bewältigen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz, Pflegeverbände und Pflegeheimbetreiber warnten vor einer Impfpflicht "mit der Brechstange" und einer "Basta"-Politik. Die Versorgung von bis zu 200.000 Pflegebedürftigen und Kranken sei in Gefahr, weil ein erheblicher Anteil an Beschäftigten nicht mehr arbeiten kommen werde. Mehrere Landesregierungen beklagten fehlende Durchführungs-Vorschriften.

Meldung Ungeimpfter über Internetportal

Mittlerweile haben die Länder Internetplattformen eingerichtet, über die Betriebe Nichtgeimpfte an Gesundheitsämter melden können. Vielfach dürften sich Verwaltungsverfahren und Einzelfallprüfungen monatelang hinziehen, bis entschieden wird, ob Betretungsverbote verhängt werden. Ob die Voraussetzungen für eine Kündigung im Einzelfall vorliegen, können nur die Arbeitsgerichte entscheiden.

Je nach Bundesland gelten allerdings unterschiedliche Vorgaben bei möglichen Sanktionen: Sachsen etwa hat die Gesundheitsämter aufgefordert, genau zu prüfen, ob Heime und Krankenhäuser noch versorgt werden können, bevor sie Betretungsverbote aussprechen. Bayern sieht einen längeren Stufenplan vor: Die Gesundheitsämter sollen Betroffenen die Chance einräumen, ihre Entscheidung zu überdenken. Auf das Beratungsangebot folgt dann eine förmliche Aufforderung zur Vorlage der gesetzlich festgelegten Nachweise. Erfolgt dies nicht, wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Nur als letzte Maßnahme kann dann ein Betretungsverbot ausgesprochen werden.

Quelle:
KNA